Boomtown am Bosporus
Trendy, weltoffen, modern, kreativ und kulturell am Puls der Zeit, gleichzeitig aber auch ultrakonservativ und traditionell: Istanbul, die pulsierende Metropole an der Kreuzung zweier Kontinente, ist eine spektakuläre Stadt, in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft scheinbar nahtlos ineinander übergehen.
Die Kontraste Istanbuls beeindrucken mich , seit ich vor vielen Jahren das erste Mal an den Bosporus gekommen bin – bezaubert von der Mystik des Orients, verblüfft über die Dynamik der Stadt und beeindruckt von ihrer Kunst und Kreativität. Zwischendurch war ich aber auch besorgt um Entwicklung und Rückschritt, dann wieder begeistert von der Weltoffenheit und dem Zukunftsdenken.
Vor kurzem zurückgekehrt, ist die Liebe wieder hell entflammt: Neue Luxus-Hotels bieten internationales Flair, die wachsende Kulturszene mit interessanten Konzepten beeindruckt nicht nur Kenner, Kreativität ist scheinbar allgegenwärtig: in der Architektur, bei den Mode-Designern, in der Gourmet-Szene. Istanbuls Bestreben, das Beste aus beiden Welten zu zeigen und vor allem zu leben, ist überall erkennbar.
Miras – das Programm zur Rettung des historischen Erbes – steht als Schlagwort über vielen Projekten geschrieben. In den Moscheen und Palästen am alten Hafen sowie im Labyrinth der engen Gassen und Einkaufsstraßen ist die Jahrtausende alte Geschichte Istanbuls – einst Hauptstadt des römischen, byzantinischen und osmanischen Reiches – stets präsent. Wie kaum eine andere Stadt ist Istanbul damit auch ein Symbol dafür, wie nah Gegenwart und Vergangenheit nebeneinander liegen können. Natürlich ist es nach wie vor faszinierend, den Galata-Turm, die Hagia Sophia, die Blaue Moschee oder den Topkapi-Palast zu besuchen oder sich von der orientalischen Magie der Souks in den Bann ziehen zu lassen. Und auch eine Fahrt auf dem Bosporus sollte man bei gutem Wetter unbedingt mit einplanen, um vom Wasser aus auf das europäische wie auch auf das asiatische Ufer zu schauen und dabei zwischen zwei Kontinenten
zu schwimmen.
Bei einer Bootsfahrt auf dem Bosporus sind Europa und Asien zum Greifen nah: Was Istanbul zurzeit jedoch besonders spannend macht, sind moderne Kunsttempel wie das im Sommer 2023 eröffnete Istanbul Modern von Stararchitekt Renzo Piano im neu entstandenen Galataport. Aber auch ein Spaziergang entlang der Uferpromenade mit ihren vielen schicken Bars und Lokalen ist Unterhaltung pur, weil die Mischung aus Einheimischen und Besuchern mindestens so kontrastreich ist wie die Kulturen in dieser Stadt. Beim Bummeln auf den Flaniermeilen von Nisantasi mit Nobelboutiquen und Szenegastronomie – neben Belek am Meer das teuerste Viertel der Stadt – fühlt man sich wie auf den Boulevards von Paris. In fünf Restaurants mit mindestens einem Michelin-Stern können Gourmets in kulinarische Euphorie geraten, immerhin hat der Guide Michelin Istanbul insgesamt bereits über 50 Restaurants aufgenommen, seit er im Oktober 2022 erstmals erschienen ist. Und selbst anspruchsvolle Kulturkritiker stellen fest, dass angesichts zahlreicher Galerieeröffnungen inzwischen ein Kulturboom in der Millionenmetropole herrscht, der die Zukunftshoffnung nährt.
Als Kontrastprogramm ist Chillen in einer der zahlreichen Rooftop Bars angesagt, wo ich so viele „beautiful people“ gesehen habe wie sonst nur in London, Mailand oder New York. Denn hoch hinauf will eigentlich jeder in Istanbul. Auch wenn hier nicht alles Gold ist, was glänzt – sich verzaubern zu lassen von den Lichtern am Goldenen Horn sollte auch in nicht so rosigen Zeiten erlaubt sein …
Wohnen
■ Sanasaryan Han – A Luxury Collection Hotel
Das neueste Luxushotel der Stadt eröffnete mit nur 63 Zimmern im Frühjahr 2024 auf einer historischen Halbinsel inmitten des Altstadtviertels. Das neoklassizistische Gebäude aus dem Jahr 1895 wurde sorgfältig restauriert und spiegelt die opulente Pracht der Vergangenheit wider. Spektakulär ist der Blick aus den osmanischen Bogenfenstern in den sechs Suiten. Dazu kommen das Sini als Fine-Dining-Restaurant mit klassisch türkischer Küche und die „The Library by Sanasaryan“ (benannt nach dem Philanthropen, der das Gebäude in Auftrag gab) mit wöchentlichen Auftritten bekannter heimischer Künstler.
www.marriott.com
■ The Peninsula
In prominenter Lage direkt am Bosporus sowie in unmittelbarer Nähe zum Galataport punktet das im Frühjahr 2023 eröffnete Peninsula. Die elegante Lobby des ultraluxuriösen Hotels mit insgesamt 177 Zimmern und Suiten erinnert an die Vergangenheit des Gebäudes als erstes modernes Kreuzfahrtterminal der Stadt. Gewohnt wird in drei denkmalgeschützten, miteinander verbundenen Komplexen, die sich durch einen gelungenen Mix aus modernem türkischen Design und traditionellem Kunsthandwerk auszeichnen. Weitere Highlights sind ein Gourmet-Restaurant mit Dachterrasse von Zwei-Sterne-Koch Fatih Tutak, die kunstvoll angelegte Gartenanlage mit einem aussichtsreichen 25-m-Pool am Bosporusufer, ein Terrassen-Restaurant mit Bootsanleger sowie das elegante Spa. Aber auch die großartig kuratierte Kunst, die sich über das gesamte Hotel verteilt, weiß zu begeistern.
www.peninsula.com
■ Kempinski Ciragan Palace
Osmanische Opulenz mit Blick auf Asien: Der einstige Kaiserpalast gehört seit den 1990er-Jahren zu den besten Adressen der Stadt und erstrahlt nach einer umfangreichen Renovierung im Jahr 2023 in neuem Glanz und mit elegant-zeitgemäßem Design. Gäste in den 317 Zimmern und Suiten, darunter elf Pracht-Suiten im historischen Palast, genießen den Resort-Charakter ca. 5 km vom Zentrum entfernt. Direkt am Bosporus-Ufer gelegen, kann man am großen Infinity-Pool entspannen oder sich im Luxus-Spa verwöhnen lassen. Exzellente Kulinarik wird im Fine-Dining-Restaurant Tugra, im Garten-Restaurant Gazebo, beim Nobelitaliener Bellini und im türkisch-mediterranen Akdemiz geboten. Letzteres empfiehlt sich übrigens auch für einen ausgezeichneten Sonntagsbrunch.
www.kempinski.com
■ Mandarin Oriental Bosporus
Inspiriert von den Villen und Palästen am Ufer der Stadt ist dieses im Sommer 2021 eröffnete Hotel eine zeitgenössische Hommage an Istanbul. Es liegt ca. 15 Fahr-minuten vom Zentrum entfernt im eleganten Villenviertel Besiktas. Die 100 Zimmer und Suiten mit großen Glasfronten, teilweise auch mit riesigen Terrassen, wurden von Adam Tijani Design aus New York ebenso elegant wie komfortabel konzipiert. Das Restaurant Novikov und die Lounge Bar gehören zu den begehrtesten Dining- und Cocktaillocations in town. Die Bosporus-Lounge auf der Uferterrasse ist ein Treffpunkt für Einheimische und internationale Gäste. Erst Ende '23 eröffnet und bereits trendy: Das Hakkasan-Restaurant mit erstklassiger Kanton-Küche. Im 3.500 m² großen Spa mit elf Behandlungsräumen und stimmungsvollen Innengärten fühlt man sich in einer eigenen Welt, außerdem gibt es zwei Außen- und einen Innenpool. www.mandarinoriental.com
Hotel-Tipps für Kenner
■ Soho House
Trendiges In-Hotel für Szene-Liebhaber, das als eines der schönsten der Soho-House-Gruppe gilt. Es liegt ein wenig versteckt und dennoch zentral im Herzen des lebendigen Stadtviertels Beyoglu mit dem imposanten Galata-Turm als Zentrum. Vom Konzept her ein Membership-Club, in der Ausrichtung ein Boutique-Hotel mit 87 Zimmern in einem alten Palazzo aus dem 19. Jh.
www.sohohouse.com
■ Pera Palace
Wer es gern geschichtsträchtig mag, kann sich im 1895 eröffneten Pera Palace – ebenfalls in Beyoglu gelegen – in die Anfangszeit des legendären Orient Express zurückversetzen lassen. Die Gäste des Luxuszugs – allen voran Agatha Christie, die hier im Zimmer 411 große Teile von „Mord im Orient Express“ schrieb – traten von hier aus nämlich ihre Reisen gen Norden an. In den klassisch eingerichteten, inzwischen natürlich renovierten Zimmern haben von Mata Hari über Greta Garbo bis Jackie Onassis und Ernest Hemingway viele Prominente gewohnt. Dem Staatsgründer Atatürk ist ein Ausstellungszimmer gewidmet, das historische Pera Palace Café von 1892 muss man gesehen haben!
www.perapalace.com
■ The Bank Hotel Istanbul
Das Haus, ein Mitglied der Design Hotels, liegt im Stadtteil Karaköy an der Prachtstraße des Finanzviertels und diente einst als Bank. Stilvoll renoviert, zeichnet sich das Boutique-
Hotel mit seinen 52 Zimmern und Suiten heute vor allem durch seinen intimen Charakter
aus. Auf jeden Fall einen Besuch wert: Die Bar auf der Dachterrasse mit großartigem Blick auf die Altstadt.
www.designhotels.com
www.marriott.com
Restaurants
■ Turk Fatih Tutak
Gourmet-Highlight und einziger Zwei-Sterne-Tempel in Town: Turk Fatih Tutak fasziniert seine rund 30 Gäste jeden Abend mit einem 13-Gänge-Menü, das an Phantasie schwer zu überbieten ist und die türkische Küche völlig neu interpretiert.
www.turkft.com
■ Mikla
Moderne, von einem Michelin-Stern gekrönte anatolische Küche mit 360 Grad Ausblick vom 18. Stock des Marmara Pera Hotels. Das Mikla war das erste türkische Restaurant, das es in die Liste der Top 50 Restaurants von San Pellegrino geschafft hat.
www.miklarestrant.com
■ Must
Wie schon der Name sagt: Ein Must für Gourmets, aber auch zum People Watching: Wer sich vom Shopping im In-Viertel Nisantasi stilvoll erholen will, trifft sich hier. Hübsche Menschen, originelle Ein-
richtung und einfallsreiche Bistro-Küche.
www.mustnisantasi.com
■ Muutto
Der Hotspot an der Uferpromenade im Galataport: Die anatolischen Tapas locken nicht nur Einheimische, das Szene-Publikum kommt aus aller Welt.
www.muutto.com
Kulturelle Highlights
■ Istanbul Modern
Bei der Eröffnung im Juli '23 hat es weltweit Aufsehen erregt, jetzt ist es eine Landmark: das von Pritzker- Preisträger Renzo Piano entworfene Museum für einheimische, moderne und zeitgenössische Kunst. Es befindet sich im aufstrebend-aufregenden Hafenviertel Karaköy und ist eingebunden in den Galataport-Hafenkomplex, der bei den MAPIC Awards 2023 als bestes neues
Entwicklungsprojekt weltweit ausgezeichnet wurde.
www.istanbulmodern.org
■ AKM – Atatürk Cultural Centre
Das 2021 am Taksim-Platz eröffnete Kulturzentrum ist das größte in der Türkei. Unter der markanten roten Kuppel befinden sich ein Opernhaus, ein Konzertsaal, das Kammer-Theater, die Aziz-Nesin-Bühnen und ein Kinosaal.
www.akmistanbul.gov.tr
■ Geheimtipp für Literatur-Fans
Das kleine „Museum der Unschuld“, das Nobelpreisträger Orhan Pamuk seiner Heimatstadt geschenkt hat, wurde nach einem seiner bekanntesten Romane geschaffen, der von der tragischen Geschichte einer Liebesbeziehung handelt. Bis heute ergänzt der Autor die Sammlung höchstpersönlich und zeigt allerlei Skurriles, das man als Literaturliebhaber aus seinem Buch bereits kennen könnte.
www.masumiyetmuzesi.org
Shopping bei Istanbuls Top-Designern
■ Sevan Bicakci
Er gilt als der Exzentriker unter den Schmuckdesignern, seine Unikate sind bei Showstars ebenso beliebt wie bei extravaganten Sammlern, in seinem Atelier in der Nähe des großen Bazars empfängt er exklusive Kunden aus aller Welt.
www.sevanbisakci.com
■ Öslem Süer
In ihrem Palais, das mit seinem romantischen Garten und unterschiedlichen Räumen allein schon sehenswert ist, zeigt die in der Türkei sehr bekannte Grand Lady of Fashion ihre verschiedenen Kollektionen. www.ozlemsuer.com
■ Begüm Khan
Allein schon das Schaufenster im Szeneviertel Nisantasi ist ein Showcase: In antiken Vitrinen zeigt die – im Übrigen bildschöne – Schmuckdesignerin ihre phantasievollen Unikate, die von der Natur und östlicher Mystik inspiriert sind. Khan entwarf auch einen limitierten Bienenflakon für die Parfümkreation Imagine von Guerlain.
www.begumkhan.com
■ Atelier Rebul
Im Shoppingkomplex vom Galataport beeindruckt der Shop des bekannten Parfümeurs durch seine Eleganz und sein Design, das an eine antike Apotheke erinnern soll. Hier kann man schöne Geschenke erstehen und sich auch selbst belohnen, z. B. mit einem selbst kreierten Duft.
www.atelierrebul.be
■ Ümit Ünal, Beyoglu
Der Konzept-Künstler und Modedesigner prägt seit 1998 die Kreativszene seiner Heimatstadt.
Inzwischen ist er auch international bekannt, seine Damen- und Herrenmode machte schon in New York Furore.
www.umitunal.com