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Adams Peak - dem Paradies so nah

21. Februar 2018

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Als Gott Adam und Eva aus dem Paradies verstieß, sei dies der Ort gewesen, an dem Adam das erste mal die Erde betrat, so sagen es die Muslime.

Wahrzeichen dafür ist ein 1,8 Meter großer Stein auf der Spitze des Berges, den sie als Fußabdruck Adams verehren und der heute in einem kleinen Tempel mit Tüchern verhüllt, bewahrt wird. Sri Pada nennen die Buddhisten den Berg - heiliger Fuß übersetzt - denn für sie ist es ein Fußabdruck Buddhas. Die Hindus, zweitgrößte Religionsgemeinschaft Sri Lankas, sehen darin den tanzenden Abdruck von Gott Shiva. Und auch die Christen haben ihre Geschichte dazu. Für sie ist stammt der Abdruck vom Apostel Thomas, der ihre Religion nach Südindien brachte.

Ein heiliger Ort für vier Religionen, zu dem ihre Anhänger gemeinsam friedlich pilgern. Unter sie haben sich längst auch Touristen gemischt, die die Magie dieses Ortes erleben wollen. Und so ist es auch für mich endlich soweit. Die Energieorte dieser Welt möchte ich spüren und so mache ich mich auf den Weg: 5200 Stufen und 1000 Höhenmeter sind auf sieben Kilometern zu überwinden...

Es ist 1 Uhr morgens. Ein Tuk Tuk bringt mich von Hatton zum Fuße des Berges. Eine gute Fahrstunde später steige ich aus. Noch bin ich zu keinem klaren Gedanken in der Lage. Schlafwandlerisch laufe ich an Marktständen vorbei, die so früh noch geschlossen haben. Viertel vor drei ist es, als ich das Makara-Tor durchschreite, dem Eingangsportal zum Adams Peak.

Neben der Friedens-Pagode, die ich erst auf dem Rückweg richtig sehen werde, steht ein Mönch, der unseren Aufstieg segnet. Traditionell umschlingt er mein Handgelenk mit einem weißen Bändchen und ich trage mich in das ausliegende Buch ein. Aus der ganzen Welt kommen Menschen hierher, um den Aufstieg zu wagen.

Am Anfang wechseln sich Treppen noch mit normalen Wegpassagen ab. Doch bald beginnt der Hauptanstieg, der nur noch aus Stufen besteht. Keine davon gleicht der anderen: mal flach, mal hoch, manche vom Regen ausgewaschen, einige stark beschädigt. Ich entwickle meinen eigenen Rhythmus: 52 Stufen gehen, durchatmen, 52 Stufen gehen, wieder kurz pausieren...

Der ganze Weg ist beleuchtet. Buddhistische Fahnen schlängeln sich an ihm nach oben. Ununterbrochen kommen mir Pilger entgegen, die in der Nacht auf der Spitze des Berges gewesen sind. Ich sehe ihnen die Strapazen an. Frauen, die vor Erschöpfung weinend am Arm ihres Mannes absteigen. Alte Männer, die sich auf ihren Stöcken abstützen. Einige sitzen auf den Stufen, um kurz auszuruhen. Ich zwinge mich, jetzt nicht an den Abstieg zu denken und konzentriere mich ganz auf den Augenblick.

Die Nacht ist klar, wie selten hier. Unzählige Sterne sind zu sehen und rahmen die Laterne auf der Bergspitze ein: dem Himmel so nah. Kaum kann ich mich sattsehen an diesem Bild. Ungefähr auf der Hälfte des Weges gönne ich mir an einer der zahlreichen Teestuben eine Pause. Dankbar nehme ich den starken Tee mit viel Milch und Zucker entgegen und merke, wie meine Kräfte zurückkehren.

Ohne Gefühl für Zeit oder Strecke laufe ich weiter und bin fast überrascht, als ich schon am steilsten Stück des Weges ankomme. Früher musste der Weg, der fast senkrecht zur Kegelspitze des Berges führt, am nackten Fels erklommen werden. Heute führen Stufen aus Beton den letzten Kilometer nach oben. Rechts und links sichern Geländer die Pilger ab. Wie alle anderen auch ziehe ich mich an dem Eisengeländer nach oben. Es geht sehr langsam voran. Der Weg ist hier so schmal, dass keiner mehr überholt werden kann und so passen wir das Tempo einander an. Hin und wieder erklingt von oben ein tiefer Ton. Jeder, der auf der Gipfelplattform ankommt, darf die Glocke läuten und zwar so oft, wie er das Ziel erreicht hat. Jeder Buddhist sollte mindestens einmal den Sri Pada bestiegen haben. Gleichzeitig verspricht die Legende, dass man mit jedem Aufstieg ein zusätzliches Lebensjahr geschenkt bekommt. So kommen manche Gläubige jedes Jahr hierher und lassen die Glocke tönen.

Der Himmel beginnt sich schon leicht rot zu färben, als der Pilgerstrom zu stocken beginnt. Wir stehen kurz vor der Spitze, auf der sich ein kleines Kloster mit dem besagten Fußabdruck befindet. Keiner wird mehr nach oben gelassen, die Plattform ist mit Pilgern gefüllt. Es ist kurz vor 6 Uhr. Alle Augen und Kameras sind gen Osten gerichtet, wo das Naturschauspiel beginnt. Blutrot wird der Himmel, die Landschaft ist schemenhaft bereits zu erkennen, bis sich eine knappe halbe Stunde später die Sonne hinter den Bergen am Horizont langsam zeigt. Es ist ein so berührender Augenblick, die Mönche beginnen zu singen und ich bin den Tränen nah.

Immer deutlicher zeigen sich die Farben dieser wunderschönen Landschaft. Gebirgszüge, Seen, in weiter Ferne das Meer formen sich vor meinem Auge. Kein Foto kann wiedergeben, was die Natur uns schenkt. Später komme auch ich auf der Plattform an und läute voller Stolz die Glocke.

Es ist Zeit für den Abstieg. Die Sonne hat schon deutlich an Kraft gewonnen, Ich reihe mich in die Schlange der Menschen ein, die langsam die steilen Stufen hinabklettern. Zwischendrin werden meine Beine durch die hohe Anstrengung puddingweich und die Waden bretthart. Unterwegs bekommen alle Pilger zur Stärkung kostenlos ein kleines Tütchen mit Maiskorn scharf mit Chilli gewürzt gereicht. Ich gönne mir eine kurze Pause und schaue staunend zurück: habe ich tatsächlich auf dieser Spitze gestanden?



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