Welcher Skifahrer oder Snowboarder kennt ihn nicht, den meist besuchten Skiberg Südtirols? Der Kronplatz mag unscheinbar wirken. Wie ein riesiger Gugelhupf. Und ja, ich muss gestehen, mein Favorit ist er auch nicht. Dennoch lohnt sich ein Abstecher an den Kronplatz- der Berg hat seine Qualitäten und für die Gourmets unter den Wintersportlern ist er ohnehin immer eine Reise wert. Seit Neuestem tischt nämlich Südtirols Starkoch Norbert Niederkofler am Fuße des Kronplatz auf.
Alte Klasse, neues Domizil, frischer Schwung – Südtirols Starkoch Norbert Niederkofler hat in Bruneck ein grandioses Comeback hingelegt. Weil sein Restaurant St. Hubertus in St. Kassian wegen des Umbaus des Rosa Alpina Hotels in ein Aman Resort geschlossen wurde, ist der einzige Dreisternekoch Südtirols nach Bruneck umgezogen. Sein neues Domizil ist eine imposante Villa des Tuchfabrikanten Moessmer direkt an der Rienz.
Hohe Decken, große Fensterflächen, edle Tücher und ein geradliniges Design bilden die Kulisse, in dem der genauso hochprofessionelle wie herzliche Service des Hauses rund um Restaurant-Manager und Head Sommelier Lukas Gerges echtes Wohlfühlambiente schafft. „Dafür bin ich Koch geworden: Die Leute reden miteinander, schauen, genießen, erleben“, sagt Norbert Niederkofler.
Zum Amouse Bouche werden seine Gäste in den Aperitif- und Dessert-Saal geführt, wo sie die ersten Köstlichkeiten leger in Sesseln genießen. Danach geht’s in einen der Salons oder an den „Chefs Table“ im Glaskubus-Anbau der Villa. Dort kann man jeden Handgriff der Köche verfolgen. „Ganz bewusst, haben wir aber ausreichend Distanz zwischen den Arbeitsplätzen der Köche und den Plätzen der Gäste geschaffen, damit diese sich in Ruhe unterhalten und ihre Privatsphäre genießen können“, erklärt Niederkofler. Gesprächsthema Nummer eins im Atelier Moessmer aber werden ohnehin Niederkoflers Kreationen sein, die streng nach seiner Philosophie „Cook the Mountain“ ausschließlich mit Zutaten aus der Region zubereitet werden. Nicht mal Olivenöl oder Zitrusfrüchte kommen auf den Teller.
Niederkoflers Verzicht ist für die Umwelt ein Gewinn und für den Gast eine spannende Reise zur Aromenvielfalt Südtirols. Der Salat mit mehr als 20 Salat- und Kräutersorten von den Almen ist allein schon für die Augen ein Fest. Die kalt geräucherte Forelle zergeht auf der Zunge. Grandios auch das Risotto mit getrocknetem Brennnessel-Pesto, Brunnenkresse und cremig-würzigem Robiola-Käse sowie Niederkoflers unsterblicher Klassiker: Rote Beete-Gnocchi. Mit herkömmlichen Gnocchi haben diese so viel zu tun, wie Singen unter der Dusche mit einer Opernarie des unsterblichen Luciano Pavarotti. Niederkofler überzieht die Kartoffelmasse, in der sich eine gefrorene Kren-Praline versteckt, mit einer Rote-Bete-Reduktion und serviert sie mit einer Daikon-Rettich-Creme auf aromatisiertem Rote-Bete-Saft und einer Biererde, die aus Schüttelbrot, essbarer Kohle und Bier besteht. Lässt man einen dieser Gnocchi mit der Creme und der Biererde zusammen im Mund zergehen, erlebt man eine Aromen-Explosion mit erdigen, scharfen, süßlichen, salzigen, sauren und leicht bitteren Noten.
Den marinierten Saibling lässt er mindestens 24 Stunden trocknen, damit er auf dem Holzkohlen-Grill scharf angebraten sein intensives Aroma entfaltet. Das saftige Kalbsfilet serviert Niederkofler auf einem Jus, den japanische Küchenmeister als Umami-Musterbeispiel feiern würden. Wer in Südtirol Urlaub macht und sich kein Essen bei Niederkofler gönnt, ist selbst schuld.