Colorado ist das Winter Wonderland der USA und für mich wie für viele andere passionierte Wintersportler der Inbegriff des Skifahrens im „Wilden Westen“. Schließlich verzaubern die Skigebiete in den Rocky Mountains mit dieser für Amerika so typischen Weite und mit Minenstädtchen, die wie Kulissen von Westernfilmen aussehen. In alten Holz- und Backsteinhäuschen verstecken sich in Aspen, Breckenridge und Telluride auf den Main Streets Saloons, die heute noch so aussehen wie zu den Zeiten, als dort Whiskey bechernde Cowboys und zwielichtige Revolverhelden von leichten Mädchen umgarnt und von Sherifs argwöhnisch beäugt wurden.
Colorados größtes zusammenhängendes Skigebiet aber wirkt auf mich ganz anders. Vail haben europäische Auswanderer aus dem Alpenraum geprägt. Österreicher, Deutsche und Schweizer halfen entscheidend mit, das rund zwei Stunden westlich von Denver liegende Örtchen am Interstate-Highway 70 zu einem der größten, besten und berühmtesten Skigebiete der Welt zu machen.
Überall im Ortsbild sind sie präsent, die Auswanderer aus den Alpen. Da gibt es den urigen Hotel-Gasthof Gramshammer, das Restaurant Alpenrose mit Schnitzel, Haxen, Schweinsbraten und Apfelstrudel und als Krone alpiner Gastlichkeit das Hotel Sonnenalp. Das charmante Fünfsternehotel in der Fußgängerzone des Vail Village zaubert mit seinen mit viel Holz ausgestatteten Suiten und Stuben wie kein zweites alpenländischen Charme in die Rocky Mountains – unverfälscht und authentisch.
Die Sonnenalp Vail mit ihren 112 Suiten und 15 Zimmern ist das Schwesterhotel des Sonnenalp Spa- und Golf-Resorts im bayerischen Ofterschwang. Beide gehören der deutschen Familie Fäßler, die seit nun schon fünf Generationen Gastwirte und Hoteliers sind. Johannes Fäßler leitet mit seiner Frau Rosana das Haus in den USA, sein Bruder Michael mit seiner Frau Anna-Maria das Stammhaus in Deutschland. Beide Resorts hat ihr Vater Karlheinz Fäßler, der in seiner Jugend ein Weltklasse-Skirennläufer war, gegründet.
Die Sonnenalp Vail liegt in der Fußgängerzone des Mountain-Village. Zur One Gondola, die mitten in das gigantische Skigebiet mit seinem berühmtem Tiefschneeparadies Back Bowls führt, sind es nur wenige Minuten zu Fuß. Direkt an der Gondel hat die Sonnenalp eine eigene Lounge, in der bereits der Ski-Concierge mit meinen vorgewärmten Skischuhen und den frisch gewachsten Ski auf mich wartet. Und als leckeres Schmankerl bekomme ich auch noch ein frisch gebackenes Cookie mit auf den Weg in die Gondel.
Besser kann der Skitag nicht beginnen. Auf der Frontside schlängeln sich perfekt präparierte Carving-Runs ins Tal, auf der Rückseite warten offene Powder-Hänge in den Back Bowls und zauberhafte Waldabfahrten im Blue Sky Basin-Areal auf mich. Ohne das üppige und hervorragende Frühstücksmenü der Sonnenalp ginge mir schon nach wenigen Stunden in dem riesigen Areal die Kraft aus.
Mittags kehre ich in Vail in der 10th Division-Hütte ein, dem einzig gemütlichen Restaurant auf dem Berg. Oder ich gehe ins einfache Wildwood-Smoke-House auf ein saftiges Pulled-Pork-Sandwich. Zu viel esse ich in Vail mittags nie, schließlich brauche ich Platz im Magen für das Abendessen in der Sonnenalp.
Das ist immer reichlich, köstlich und für amerikanische Verhältnisse super fair kalkuliert. Zum gemütlichen Après-Ski vor dem riesigen Kamin in der King’s Club-Bar des Hotels gibt bei Live-Musik Cocktails und Wein für rund 15 und Bier für acht Dollar. Abends werden im Swiss Chalet alpine Klassiker wie Fondue, Raclette und Zürcher Geschnetzeltes aufgetischt. Angesichts der Qualität und der Preise von 72 Dollar für ein Käsefondue für zwei Personen ist es kein Wunder, dass das Swiss Chalet in Vail der Renner und fast jeden Abend ausgebucht ist.
Voll ist auch meist das Bully Ranch-Restaurant, das Steaks und Pub-Food serviert, sowie das Stüberl des Ludwig Restaurants als „Fine Dining“-Option im Haus. Zuletzt hatte ich dort den Hamachi-Tuna auf japanische Art, eine wunderbar glasig gegarte Rocky Mountain-Forelle mit knusprig-krosser Haut und ein butterzart in Barolo geschmortes Rindfleisch-Ragout – einfach köstlich! Und zum Abschluss gab es aufs Haus noch ein kleines Dessert, das Kindheitserinnerungen weckt: Zuckerwatten-Bäusche, die wie Schneeflocken an den Ästen eines kleinen Baumes hingen.
So liebevoll die Dessert-Idee, so charmant und herzlich ist der Service im Haus, der sich wohltuend absetzt vom dem oft zwar professionellen, aber oberflächlich-kühlen Umgang in großen amerikanischen Luxushotels. Die Sonnenalp ist eben ein Family-Business – mit Johannes und Rosanna Fäßler an der Spitze gemeinsam mit Sohn Sebastian, Schwiegertochter Esmarie und Tochter Francesca.
Sie machen die Sonnenalp in Vail zu einem außergewöhnlichen Wohlfühlort für alle, die auch beim Skifahren im Wilden Westen nicht auf alpinen Charme verzichten möchten. Für mich ist die Sonnenalp auf jeden Fall ein Lieblingsplatz in den Rockies – allein schon wegen seiner Pools im verschneiten Garten. Nach einem langen Skitag gibt es nichts Schöneres als nach ein paar Bahnen im Pool in einem der beiden heißen Hot Tubs bei knackigen Minusgraden unter einem sternenklaren Himmel zu entspannen.
Text: Bernhard Krieger
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