Es war eh nett, in den vergangenen Monaten die nähere Umgebung zu erkunden. Ich weiß jetzt, dass es im Wienerwald wirklich schöne Ecken gibt und dass Wien ohne Touristen eine ganz besondere Qualität hat – was sich freilich relativiert, wenn man auf einen Snack im Hotel Bristol verzichten muss und beim Museumsbesuch maskenbedingt nach Luft ringt.
Aber während ich diese Zeilen schreibe, hat die Wärme wieder Einzug gehalten und das nährt – auf Basis der Erfahrungen im vergangenen Jahr – die Hoffnung. Ich werde den Sommer nutzen, bevor uns im Herbst womöglich wieder irgendwelche fiesen Mutanten im Griff haben werden. Mal wieder richtig weg, ins Ausland, mit Kultur, richtiger Live-Musik! Ich lasse es so richtig krachen und fahre zu einem der exklusivsten
Musikfestivals. Fix.
Ich hätte mir nicht gedacht, dass das einmal solche Glücksgefühle in mir auslösen wird: Ich habe eine Reise in die Schweiz gebucht und fahre ins Berner Oberland nach Gstaad zum Menuhin-Festival, das nach dem legendären Geiger Yehudi Menuhin benannt ist, der dieses Musikfestival begründet hat. Dort möchte ich schon lange hin, denn es soll auf unserer Welt kaum einen anderen Ort geben, an dem Weltstars in einer ähnlich intimen Atmosphäre zu erleben sind.
Jeder, der sich für klassische Musik interessiert, kennt diese Namen: Sol Gabetta (Cello), Hélène Grimaud (Klavier), Daniel Hope (Violine) und Juan Diego Flórez (Tenor) bilden nur einen kurzen Auszug aus dem Programm. Auch eine meiner
Lieblingsformationen, das stets originelle Janoska Ensemble, wird in einer der umliegenden Kirchen auftreten. Die Konzerte finden in diesem Jahr unter dem Motto „London“ statt, trotzdem wird es nicht nur Purcell, Händel, Elgar, Britten und Adès zu hören geben.
Ohne eine erstklassige Infrastruktur wäre ein solches Festival freilich nicht denkbar: Mit dem Palace und dem Alpina stehen gleich zwei High-End-Grandhotels in diesem zur Gemeinde Saanen gehörenden Dorf. Dass man an einem solchen Ort auch kulinarisch nicht darben muss, versteht sich von selbst. Gespannt bin ich jedenfalls schon auf den Fondue-Rucksack, den man bei einer der lokalen Molkereien gegen Vorbestellung abholen und an einem der Grillplätze entlang der Wanderwege leeren kann.
Vorfreude, heißt es, ist die schönste Freude. Natürlich kann letztlich alles noch ganz anders kommen. Nix ist fix. Aber wir dürfen nicht aufhören, zu versuchen, unsere Luftschlösser mit Zement zu füllen.
16. Juli bis 4. September
www.gstaadmenuhinfestival.ch