facebook
Drucken
Seite mailen

„Wo bitte geht’s zum Meer“

09. November 2017

700394

Ein neues Buch will uns erklären, „was es wirklich heißt eine Kreuzfahrt zu machen“ ...

Wenn eine eine Reise tut, dann hat sie viel zu erzählen – oder sie glaubt es zumindest. So wie Bettina Querfurth, die in ihrem Buch „Wo bitte geht’s zum Meer“ (Diana-Verlag, € 14,99) aus zwei Jahrzehnten Kreuzfahrterfahrung berichten.

Die gute Nachricht: Die Frau kann schreiben. Die schlechte: Die Frau hat nichts zu sagen, schreckt aber trotzdem nicht vor einem 223 Seiten Paperback zurück, in denen sie uns u.a. erklärt, wie sie einst mit ihrer Mutter (und dem Bus) von Frankfurt nach Genua zum Kreuzfahrtterminal unterwegs war. Elf Seiten dauert die Anreise, die weder vor Kaffeepausen auf der Autobahn noch vor Steißbeinschmerzen haltmacht. Ein Zehnzeiler hätte da sicher mehr hergemacht – und völlig ausgereicht.

Und so geht es in diesem Buch dann auch ziemlich (un)lustig weiter. Egal, ob uns Frau Querfurth nun den Schrank zu ihrer Schiffsgaderobe öffnet: „Am Einschiffungstag dürfen wir abends informell herumlaufen. Ich behalte einfach mein Kleid an, das ich den ganzen Tag getragen habe. Es ist zwar weder Cocktailkleid noch Kostüm oder Hosenanzug (...)“ oder ob sie uns von ihrer hochgradig therapiebedürftigten Essstörung erzählt: „Auf meinem Teller liegt die Seezunge Provencale in Gesellschaft des Lammkotteletts mit Mandelkruste. Daneben befindet sich ein Hähnchenspieß und ein Stück Pizza Margherita. Außerdem habe ich den Risotto mit Spargel genommen und die gebackenen Auberginen mit Thymian vom Antipasti-Büfett. Zum Probieren liegen da auch noch fünf Tortellini (..)“. Dazu kommen ihre sogenannten „Rettungsringe für Anfänger“ – wahre Weisheiten à la „Reservieren Sie Ausflüge, die Ihnen am Herzen liegen, lieber vor der Abreise. Sonst sind sie womöglich ausgebucht“. Und, als wären das alles immer noch nicht langweilig und nichtssagend genug, erklärt sie uns in ihrem „Kreuzfahrtkauderwelsch“ auch noch, was ein ein „Shuttlebus“ ist, wo sich „steuerbord“ befindet, oder wofür man „Stabilisatoren“ braucht ... Danke dafür, Frau Querfurth!

Aber jetzt mal ganz ehrlich: Warum gibt es im deutschsprachigen Raum keine lesbare Kreuzfahrtlektüre, die wirklich einstimmt, animiert, informiert und von mir aus auch kritisch hinterfragt oder vor Sarkasmus nur so trieft – so wie beispielsweise das geniale „Schrecklich amüsant – aber in Zukunft bitte ohne mich“ von US-Autor David Foster Wallace?!
Denn egal, ob Matthias Polityckis unsägliches Büchlein „In 180 Tagen um die Welt“ über eine Reise an Bord der MS Europa, Angelo Colagrossis bemüht amüsanter Roman „Herr Blunagalli auf großer Kreuzfahrt“ oder eben Bettina Querfurths Lehrstück in Sachen „eigentlich hab’ ich weder eine Message noch ein Konzept, aber ich schreib’ trotzdem mal drauf los“ – da ist nichts was wir wirklich lesen wollen!

Oder haben Sie das ultimative Kreuzfahrtbuch in irgendeiner Bordbibliothek oder Ihrer Lieblingsbuchhandlung an Land vielleicht schon gefunden? Wenn ja, lassen Sie es mich bitte wissen (Mails an joerg.bertram@ccircle.cc) – vor mir liegen gerade zwei Seetage auf dem Weg von Fort Lauderdale nach Antigua, die ich sehr gerne mit einem Kreuzfahrtschmöker im Deckstuhl verbringen würde ...



facebook
Drucken
Seite mailen