Der Golfstrom macht´s möglich, dass auf den Inseln Jersey, Guernsey, Sark, Herms und Alderney schon alles blüht, wenn´s bei uns noch schneit. Zum milden Frühlings-Klima gesellt sich dann noch ein inspirierender Mix aus französischer und britischer Lebensart mit kulinarischen Highlights aus beiden Welten. Golf dagegen geht hier rein nach englischer Manier, wie ich auf Jersey, der größten und Guernsey, der reichsten Insel erlebte.
Aus meinem Reisetagebuch
Ein bisserl englisch, ein bisserl französisch begegnet mir auf der Fahrt zu meinem Hotel. Ein bißchen verwirrend - auch die schmalen „Green Lanes“, die ich mit meinem rechtsgesteuerten Auto mit Gangschaltung versuche unfallfrei zu befahren. Mehr wie 40 KMH ist dabei sowieso nicht erlaubt auch wenn man in einem Porsche oder Maserati sitzt. Auf dem Weg zu meinem Hotel in St. Brelade im Südwesten entdecke ich gleich das bedeutendste Wahrzeichen der Kanalinsel – den Leuchtturm La Corbière, der auf einem kleinen, vorgelagerten Felsen thront. Rundherum malerische Strände mit weiten Dünenlandschaften und gigantischen Ausblicken. Später erfahre ich, dass sich hier noch einige Bunkeranlagen der deutschen Wehrmacht befinden, wie auch noch mancherorts Spuren der deutschen Besatzungszeit während des Zweiten Weltkriegs als Teil der Geschichte Jerseys präsent sind. Oftmals umfunktioniert zu Restaurants und Bars.
Das „Atlantic Hotel“ ist eines der wenigen 5-Sterne Häuser auf der Insel, zählt zu den Small Luxery Hotels und bietet als einziges Hotel einen atemberaubenden Blick auf die St. Ouen's Bay und den kristallklaren Atlantik. Und obwohl es schon 50 Jahre auf dem Buckel hat, ist es keineswegs verstaubt. Das liegt am charmanten Hotelier-Ehepaar Patrick und Treena Burke, die ihr Schmuckstück mit viel Liebe zum Detail eingerichtet haben. Mir gefällt der angenehme Mix aus Tradition und Moderne, den auch die 50 Zimmer wiedergeben: Edles Kirschholz trifft hier auf mediterran-weißes Dekor. Dazu Kunst an den Wänden und eine plätschernde Quelle mit kleinem Teich, die Naturverbundenheit signalisiert. Egal ob zum Afternoon-Tea oder zum Fine-Dining im Sterne-Restaurant oder einfach nur auf einen Drink an der Bar – die Atmosphäre ist locker entspannt und keinesfalls „sophisdicated“. Ich genieße den Sunset am Pool inmitten blühender Pflanzen, den Blick auf die St. Quen´s Bay und den Jersey National Park. Außerdem grenzt der 6 ha große Garten direkt an den „La Moye Championship Golf Course“ und überblickt den Jersey National Park, wo sich der zweite Golfplatz „Les Mielles Golf and Country Club“ befindet. Der Dritte im Bunde „Les Ormes Golf Club“ liegt auch nur einen Katzensprung entfernt, während der Royal Jersey Golf Club im Osten der Insel als feiner Links Course wartet.
Von royal bis oldfashioned
Der Golfstrom beschert hier den Golfern ein Ganzjahres-Golfvergnügen – und dies seit der Gründung des Royal Jersey Golf Clubs im Jahr 1878. Als ältester und traditionsreichster Club ist er ein Muss für jeden Golfurlauber. Das „Royal“ zeigt sich zu allererst schon am imposanten Schloss ähnlichen Clubhaus mit altenglischem Restaurant. Die Geschichte erzählt, dass eine Gruppe von Golfenthusiasten 1878 den Platz eröffneten um dann ein Jahr später das „Royal“ von Königin Victoria zu erhalten. Als weibliches Nichtmitglied und alleine auf dem Weg zum 1. Tee, wird man hier mit unverhohlener Skepsis betrachtet und es bedarf erst eines gelungenen Abschlags um in einem Männer-Flight aufgenommen zu werden. Ein typischer 18-Loch-Links-Course mit ca. 6000 Metern, die teils direkt am Meer entlang laufen, mit tollem Blick auf die Grouville Bay und das Mont Orgueil Castle. Der Rest verläuft parallel in Meernähe – mit etwa 100 Bunkern, hohem Gras, Ginsterbüschen und Dünenhügel. Mein Tipp für danach: „Highly recommended“ sind hier die Jersey Austern, fangfrisch aus der Royal Bay of Grouville. Und für den Afternoon Tea empfehlt sich das nahe gelegene Relais & Chateau „Longueville Manor“, ein traumhaftes Herrenhaus mitten in einem typisch englischem Park und mit 5-Sterne Hotel. Ein weiteres Highlight für Gartenfreunde liegt gleich um die Ecke – das Samare´s Manor, mit Herrenhaus, Parkanlage und Kräutergarten. Den „Les Mielles Golf & Country Clubs erreiche ich vom Hotel aus in 10 Minuten, denn er liegt direkt unter meinem Hotel in der St. Quen´s Bay. Ein wenig old fashioned ist das weiß getünchte Clubhäuschen des 18-Loch Courses, in dem sich Küche, Bistro, Pro Shop und Anmeldung zusammen befinden. Ellie und Hilary, zwei umtriebige ältere Hausfrauen nehmen mich mit auf die Runde und das entpuppt sich letztendlich wie ein Lotto-Sechser. Denn während die langen Bahnen der Frontnine zwischen stark hügeligen Dünen verlaufen, geht es bei den Backnine mitten hinein ins Naturschutzgebiet mit Wasser an jedem Loch. Breite Schilfgürtel nehmen außerdem die Sicht und die schmalen Bahnen dazwischen sind noch durch Doglegs erschwert. Die Hölzer kann man also stecken lassen. Dafür hat man herrliche Aussichten auf das nahe Meer, eine kühle Brise um die Ohren und jede Menge Vögel als Begleitung. Ein ganz anderes Bild bietet mir der „La Moye Golf Club“, ein traumhafter Links Course mit Blick über die Dünen von Les Mielles und den fast 8 km langen Sandstrand der St. Ouen’s Bay. Von meinem Hotel erreicht man ihn in 5 Minuten und ist erstmals überrascht von dem modernen Clubhaus, dem weitläufigen Terrain und dem tollen Ausblick auf das vorgelagerte Inselchen. Man spielt zwischen blühenden Ginsterbüschen auf sanft hügeligen Gelände oberhalb der Bay und wenn man gerade Schläge hat, kann nicht viel passieren. Das Rough zu beiden Seiten der teils schmalen Fairways ist allerdings ziemlich unzugänglich, sodass Ballverlust droht. Auf der 11. Bahn mit 508 Yards geht’s dann richtig zur Sache: Mit Doglegs zwischen den Dünen und einer äußerst schmalen Annäherung. Ja – auch hier gibt es Blindlöcher, wie an der 13, Topfbunker und kleine Schluchten an der 16 aber mit gigantische Ausblicken an jedem Loch. Den Platz würde man gerne ein zweites Mal spielen. Hingegen haben mich die 9 Löcher vom Les Ormes Golf & Leisure Clubs mit angrenzendem Club-Hotel und dem Auf-und Ab der Golfbahnen in einem etwas verwilderten Gelände nicht sonderlich begeistert. Schön sind lediglich die Ausblicke aber die hat man ja auch von den anderen Plätzen.
Lust auf den Golf-freien Tag
Jersey ist nur 8 x 14,5 Kilometer groß, was es sehr leicht macht, nach dem Golfen noch etwas die Insel zu erkunden. Also mache ich auf der Rückfahrt von Ost nach West halt in St. Helier, der Hauptstadt. Sehenswert ist die 1881 erbaute Markthalle im viktorianischen Stil mit stattlicher Glaskuppel, zierlichen Säulen und vielen Verkaufsständen. Gleich daneben die beiden Einkaufsstraßen Queen´s und King´s Street mit Restaurants, Cafés und Bistros. In der Atlantique Seefood Bar in der Bath Street gibt es die frischesten Meeresfrüchte, am Royal Square die gängigsten Pubs mit Livemusik und im Grand Jersey Hotel die beste Champagner-Bar. Richtung Westen „schwimmt“ in der Bucht eine der besterhaltenen und schönsten Festungen Europas, das Elizabeth Castle, das man bei Ebbe fußläufig erreicht. Am malerischen Fischhafen St. Aubin im Südwesten der Insel setzt man sich ins „Old Court House Inn“ mit Restaurant und Pub und kann dem Treiben im Hafen zusehen. Wer abends hierher zum Essen geht kann im Habour View oder Salty Dog in Austern und Fischgerichten schwelgen. Zum Baden eignet sich dort die Portelet Bay – auch zum Wandern bis zur Quaisné Bay. Dort angekommen gönnt man sich ein Pint of Mary Ann und am besten noch ein Einheimischen Essen auf der Terrasse des Old Smuggler´s Inn. Über die St. Quen´s Bay, wo ich schon golferisch unterwegs war fahre ich gegen Norden zum Goznez Castle, der Kultstätte Le Pinacle, wo ich hoch über dem Meer auf viele Wanderer treffe. Ziel ist die Grève de Lecq Bay als beliebte Badebucht im Norden. Mich zieht es eher zum La Mare Wine Estate, dem einzigen Weingut seit 1969. Hier sollte man schon längere Zeit einplanen: Zum Verkosten der Weißweinsorten, des berühmten Apple Brandy, für köstliche Marmeladen, Schokoladen und dem bekannten Jersey Fuge. Den schönsten Blick auf die Steilküste hat man dann bei Sorel. Taucher und Wassersportler trifft man in der Bon Nuit Bay oder im malerischen Hafen von Rozel mit bunten Fischerhütten. Dort im „Hungry Man“ an der Hafenmole gönne ich mir dann mitten unter Jersyanern das beste „Crab-Sandwich“ bevor ich wieder zurück ins Hotel kurve. Ja, es gäbe noch so viel zu entdecken, vor allem kulinarisch. Allein drei Küchenchefs mit Michelin-Stern verwöhnen hier Einheimische und Urlauber – nicht nur in den Gourmettempeln, sondern auch in den über 180 Restaurants, Bistros, Bars und Pubs. Ich beschließe wiederzukommen. Vielleicht zum 12th Annual New Jersey Wine & Food Festival im Mai.
Weitere Infos Jersey:
www.theatlantichotel.com
www.jersey.com/de
www.jerseyheritage.org
www.samaresmanor.com
www.lamarewineestate.com
www.longuevillemanor.com