Wir sind in Andermatt und werden von Visionen heimgesucht: moving forward! Wir erfahren von einem neuen Gesamtkunstwerk in der Wintertrend-Destination Mexiko. Wir hängen in der erfindungsfreudigsten Hotelbar Berlins ab. Und dann bleibt uns doch nochmal der Mund offen: Wir lesen hautnah, wie die Österreicher es (fast) geschafft haben, ihre Wintersaison zu killen. Der Reiseblog von Simone und Andreas Dressler. Alle 14 Tage neu.
GEHÖRT.
Die Event-Location Andermatt kennen wir schon von der LOOP, einer top-professionellen Reisemesse der umtriebigen Astrid Oberhumer. Während die immer positiv gestimmte Astrid pandemiebedingt kürzlich leider ihre gut laufende LOOP in Wien abbrechen musste, beschnupperten sich im Schweizer Andermatt beim World Tourism Festival Lucern vom 15.-16. November Weltführer aus Touristik und Wissenschaft mit Jungunternehmern aus der Travel-Industrie, um Visionen im besten Sinn umzusetzen.
Wir hörten Konzepte zu Nachhaltigkeit und (erstmals auch) Biodiversität, die, wenn sie denn realisiert werden, einen Quantensprung nach vorne bringen. Konkret gefordert wird:
Um dem im Reisekatalog beworbenen „Naturparadies“ oder der „Bergidylle“ gerecht zu werden, muss der Landschaftsschutz künftig wieder vor die Gewinnmaximierung gestellt werden. Und um das Verhältnis zwischen People, Planet und Profit wieder in ein gesundes Gleichgewicht bringen zu können, braucht es klare Nachhaltigkeitsstrategien. Es gilt neben den finanziellen und sozialen Aspekt auch das «natural capital» mitzudenken.
Beeindruckt hat uns besonders ein Statement von Shannon Ghuian, Chief TreadRight & Sustainability Officer bei Travel & Tourism Folundation (TTC): «Die atemberaubende Natur ist einer der Gründe, weshalb wir überhaupt reisen. Doch durch das Reisen zerstören wir sie. Deshalb müssen wir den Reisenden helfen, die Natur zu schützen und sie dazu motivieren ihre Verhaltensweisen nachhaltig zu ändern, während wir ihnen gleichzeitig weiter Reisen verkaufen.»
Diese und andere Postulate setzen Moving forward - Start Ups nun in fünf Kategorien um : Recovering. Living. Exploring., Savoring. Impacting. Die cleveren Leute vom WTFL haben uns für Mr. & Ms. Connoisseur Insider-Informationen zu den Young Talents zur Verfügung gestellt: www.wtflucerne.org/young-talent-programme . Außerdem Infos zu den Start Ups: innovation2021.wtflucerne.org
Klick – and go for it!
Auch andere Beiträge von Speakern und Podiumgästen waren beim diesjährigen World Tourism Forum Lucerne spannend. Geradezu unvergesslich jener von TUI-Cruises Chefin Wybke Meier: Wie die Pandemie ihre Flotte lahmlegte. Und was sie dann tat. Dazu mehr in einem der nächsten Blogs.
GESEHEN.
Mexiko läuft derzeit heiß – fingers crossed dass es so bleibt. Dort zeigt uns jetzt ein spannendes Resort, was Innovation in der Luxustouristik heißt. Barefoot Luxury plus Ethno-Chic, gepaart mit einem leicht esoterischen Hauch von Body & Soul , gerührt und geschüttelt mit sozialem Engagement und einem Mega-Anspruch an Naturerlebnis: Das sind die Zutaten für Villenpreise ab 700.- U$ aufwärts und eine hippe Klientel, die sich im Six Senses vielleicht langweilt und im Club Med die Endstation für Boomers sieht.
AQUA VILLA. Quelle: (c) Azulik: www.azulik.com/villas
„Unsere Vergangenheit berührte uns nicht. Wir warten vereint in der Zukunft. Wir kamen zusammen um uns zu erinnern, und als wir das taten entdeckten wir Tugenden und Werte, die schon ins uns waren. Wir fanden Wasser, schliefen unter den Sternen und ließen sie in unsere Träume schlüpfen...Wir verstanden: Wenn wir zurück gehen konnten zum Anfang können wir überall hin“.
Schwurbelkitsch oder wegweisend? Die Macher der Marke Azulik sind wohl zu ausgekocht, um sich als Hippies zu betätigen. Hinter ihrem Konzept von Azulik und „The Tribe“, ihren 50 Villen – allesamt ohne Strom, ohne TV und in ernstgemeinter Verbundenheit in die Natur zwischen Dschungel und Meer eingebettet –, ihrem trendsetzenden Wellnesskonzept und einer „Dschungelküche“, die ohne Kompromisse schon vom Frühstück an ausschließlich auf Naturprodukte setzt, stehen hohe Übernachtungspreise und rigoroses Marketing.
Fashion: inspiriert von den großen Kulturen der Vergangenheit. Community-Projekte: beispielsweise jenes, einen Lärchennationalpark zu begründen mit 300 Jahren alten Bäumen und zehn exklusiven Residenzen. Art: Workshops mit regionalen Künstlern, Handwerkern und wiederentdeckten Materialien längst vergangener Epochen.
Ein Resort als Gesamtkunstwerk. Im Prinzip drehen die Macher vom Azulik das gelernte Hospitalitykonzept, Natur, Soziales und Nachbarschaftspflege ins Urlaubserlebnis einzubinden, einfach um: Jetzt spielt das Gästeerlebnis, lokal und naturverbunden total integriert zu sein, die erste Geige. Die Übernachtung selbst ist dann nur mehr Teil der Inszenierung – gutes Gewissen inklusive.
www.azulik.com
GELIEBT.
Wiederentdeckt beim jüngsten Berlin-Besuch: Die schönste Bar-Karte der Hauptstadt. Sie sieht so aus: HIER gehts' zur Detailansicht.
Dahinter steht ein Feuerwerk an Mixology-Kreativität, und man kann nicht anders, als vor Willi Bittorf und seinem Team den Hut zu ziehen. Wir sind in der Bar am Steinplatz. Location: im gleichnamigen Hotel, ein paar vergnügte Pirouetten vom Zoo entfernt.
Was macht der Willi, was sich die anderen nicht trauen?
Erstens. Er setzt auf ein aufwändiges, intelligent kuratiertes Angebot an besonderen Bieren. 15 Stile, Raritäten aus Belgien und der ganzen Welt, deutsche Biersorten selbstverständlich vorne mit dabei. Zum – empfehlenswerten – Dinner im Restaurant serviert das Barteam übrigens auch die passende Bierbegleitung. Cheers!
Zweitens. Er trieb Ladies and Gentlemen, die gerne auch mal alkoholfrei bleiben, das böse Wort Mocktail aus, und zwar gründlich. Alkoholfreie signature drinks, wie man sie so nirgendwo kredenzt bekommt, verwöhnen hier fabelhaft den Gaumen – und sind, wie man erfährt, speziell in der betonheißen Sommerzeit ein Renner. Zutaten gefällig? Kokos, Orange, Zimt, Morgentau, Verius, Holunder, Kardamom, Kombucha, Rosenwasser, Shiso, Sanddorn...was Willis Team draus macht ist nicht nur in der Hauptstadt einzigartig. Santé!
Drittens. Die „normale“ Cocktailkarte. Ist an kreativem Vergnügen kaum zu überbieten. Wie präzise hier neue Wege gegangen oder alten ausgewichen wird zeigt sich zum Beispiel an der Verwendung von Doppelwacholder. Eine gin-loose Bar! Back to the roots! Da lassen sich auch eingefleischte Gin-Liebhaber auf ein Liebespiel mit Wacholdergeiste(r)n ein. Zum Wohle!
www.barsteinplatz.com
GELESEN.
Zum aktuellen Impf-Geschehen in Österreich mit Folgewirkung für den Tourismus in der Alpenrepublik hat der Chefredakteur der Tageszeitung HEUTE , Christian Nusser, soeben ganz unübertrefflich in seiner Zeitung gebloggt:
„Ich wünsche einen wunderbaren Start in die Lockdownwoche. Wir können das mit stolzgeschwellter Brust tun, denn international sind wieder wer, vergangene Woche waren wir sogar die Stars der Newssender Europas. Die Graphiken, die auf die Wand der TV-Studios geworfen wurden, schauten aus wie die Nationenwertung im Skiweltcup, wenn es für uns gut läuft. Österreich vor Schweiz vor Deutschland. Wir hatten unter den westlichen Ländern am Kontinent die meisten Ungeimpften ab 12 Jahren. 24,8 Prozent der Bevölkerung hatten noch keinen einzigen Stich erhalten, in der Schweiz waren es 24,4 Prozent, in Deutschland 22,1 Prozent. Dahinter klaffte eine große Lücke. Vom vermeintlich besten Land in Europa als das uns Sebastian Kurz lange vermarktete, aber das wir ohnehin nie waren, wurden wir die Schlussleuchte vom Zug Richtung Licht.
In Schweden sind nur 16,1 Prozent nicht immunisiert, im bisher immer besonders impfkritischen Frankreich 8,4 Prozent, in Portugal 1,5 Prozent. Die britische „Financial Times“ zimmerte daraus einen recht langen Artikel, sie entlehnte für die Überschrift ein Wort aus dem Deutschen, es wird im angelsächsischen Raum vielleicht eine so große Karriere mache wie zuletzt „Angst“ oder „Schadenfreude“, es heißt „Nein Danke“.
Die Reportage selbst ist vom Erstaunen über die deutschsprachigen Gebiete in Europa geprägt, nirgendwo ist die Skepsis gegenüber der Impfung so groß. Die Holländer und die Briten und die Schweden und die andern alle werden in diesem Winter vielleicht nicht zum Schifahren zu uns kommen können, aber vielleicht können wir sie ins Land locken, indem wir Österreich zu einem Corona-Minimundus machen. Man kann uns anschauen und anstupsen und mit uns reden und wenn die Menschen dann heimfahren, dann können sie dort erzählen, dass sie bei den Leuten waren, die eine Pandemie mit einer Impfung beenden hätten können, aber sie wollten lieber leiden.“