Wir lauschen einer Hotellegende. Buchen ein Dinner zu 1200.- EUR. Wundern uns über den großen Sprung nach vorne, wie die Chinesen Ibiza 2021 nennen würden. Und geben den entscheidenden Buchtip des Sommers (weiter). Der Reiseblog von Simone und Andreas Dressler. Ab jetzt alle 14 Tage neu.
Gehört.
Schnell noch mal ins Baur Savoy nach Zürich, bevor das fast schon anachronistisch zeitlose Haus am Paradeplatz für zwei Jahre schließt und ein Rundum-Facelifting namens Grundsanierung spendiert bekommt. Dann öffnet es als Mandarin Oriental wieder: mit deutlich mehr Suiten und neuem Interieur. Wir treffen Hoteldirektor Rolf Brönnimann, der 2019 vom Budersand auf Sylt an den Pflasterstrand Zürichs geholt wurde, zum Frühstück. Eine Ideenmaschine ist „der Rolf“, ausgezeichnet mit allen erdenklichen Gastgeber-Awards (unter anderem auch von Connoisseur Circle), kunstaffin und Familienmensch durch und durch. Zudem hat er die richtige Nase für Trends. Was Brönnimann jetzt sagt, kündigt einen breiten Paradigmenwechsel für die gesamte Reiseindustrie an.
Der Trendsetter sieht den Weg der Schweiz in Wachstum um jeden Preis kritisch. Klar. Qualität kostet Geld. Ist aber nicht das Problem, denn: „Auch eine Schweizer Uhr kann sich nicht jeder leisten“. Die Schweiz, sagt Brönnimann, werde noch in Dekaden niemals ein Billigtourismusland sein. Dementsprechende Wachstumsbemühungen um immer neue, immer größere Bergbahnen, seien grundfalsch: „Auch in der Türkei gibt´s schöne Berge – aber nicht mit unseren Attributen: Sicherheit, über Jahre gewachsene und gesundene Strukturen, absoluter und stabiler Qualitätsanspruch.“ Bestes Beispiel sei, wie sich die Eidgenossen Gesundheitstourismus auf ihre Fahnen geschrieben hätten. „Ein absolut toller Nischenmarkt: Unsere medizinische Versorgung ist sowieso weltweit eine der besten. Klar, daß die Reichen der Welt zur Operation lieber nach Genf oder Zürich reisen.“
Den Königsweg jedoch sieht Brönnimann, an den Grenzen des Wachstums vorbeiziehen – in die Einfachheit. „Wir müssen aus der Dekadenz raus: Immer nur mehr, mehr, mehr kann nicht richtungsweisend sein. Es waren ja immer die Wohlhabenden, die den Zeitgeist vorgegeben haben. Trendsetter werden heute Klimaschützer. Die Eliten sind es, die für den „Neuen Luxus Nachhaltigkeit“ eintreten werden – und die breite Masse wird nachziehen.“ Das wichtigste Attribut, sagt Brönnimann: „Authentizität“. Regionale Produkte, eigene Gärten, Begrünung im Stadtraum: „Das ist noch nicht in allen Köpfen angekommen“. Es braucht ein paar Leuchtturmprojekte. Sagt Brönnimann, bevor er abzischt. Neues ist zu erwarten vom Mann mit dem Leuchtfeuer.
Geliebt.
Am 3. Dezember um 21.00 haben nur mehr ganz wenige Gäste die Möglichkeit, das „weltweit exklusivste Dining Experience“ mitzuerleben. Das erfuhren wir im Newsletter von First Class & More, dem Zentralorgan aller Vielreisenden auf erstklassiger Flughöhe. Alexander König, „Meilenkönig“ und Luxusreisen-Profi sowie sein Geschäftsführer Johann-Caspar Bertheau laden an diesem Abend ins Mandarin Oriental Dubai ein, wo „ein einzigartiges und außergewöhnliches kulinarisches Erlebnis zelebriert wird, das hochmodernste Technologie mit den innovativsten Köstlichkeiten von Chef Paco kombiniert“. Pate der Veranstaltung ist Sublimotion, das bekannte Dinnerkonzept aus Ibiza von Starkoch Paco Roncero. Nicht verzweifeln: Sollte der Event ausverkauft sein, haben Sie 1200.- EUR Dinnerfee gespart. Sie können aber sicher sein, daß die genialen Leute von First Class & More schon die nächste Supersause in der Pipeline haben.
Foto von Timo Volz von Pexels. Dubai-Dinner: Ein Preis so hoch wie die Wolkenkratzer.
Gesehen.
Ja, wir gestehen. Obwohl wir weder die österreichische Kronenzeitung kaufen wollen noch mit der Glock vor der Nase einer Oligarchin herumfuchteln – Ibiza bleibt Ibiza. Trotz Imageschäden – „verbrannte Erde“ - wegen eines österreichischen Vizekanzlers ist die Baleareninsel der schönste Hotspot für einen Sommerabschied oder Frühlingsauftakt.
Wir kommen gerade (nach zahlreichen Umbuchungen) mit SWISS zurück von der oktoberlichen Insel. Verbrannte Erde finden Connoisseure hier in der Vor- und Nachsaison sicher nicht. Dafür: Die Sonne ist auch mittags noch sanft, das Meer streichelt weiter alle Sinne, und das Wandern zu den Buchten rund um den Port de Sant Miquel oder ein entspanntes Bummeln am Yachthafen von Santa Eulalia mit seinem chilligen, verträumten Café Sydney lassen uns das Lio nicht vermissen.
Die Tische im Amante, im Elements und im Nobu sind gut gefüllt, aber ohne die Hektik der Sommermonate. Ganz großartig gespeist haben wir auch im neuen Olivia´s Ibiza Kitchen, das Santa Getrudis zu einem Fixpunkt auf der Landkarte für Gourmets machen wird. Das beliebte La Brasa de Ibiza in Eivissa gerät hingegen zusehends völlig zur Touristenfalle. Wir möchten nicht wissen, wo Meeresfrüchte und Fische bei anspruchslosem Publikum wirklich herkommen. Großartig stattdessen die seit April geöffnete Symbiose aus peruanisch inspirierter Karte und einer Rooftop-Bar vom Allerfeinsten: Maymanta heißt der lukullische Neuzugang (Chef: Omar Malpartida) , und das vielleicht netteste Personal der Insel ist auch erwähnenswert. Wo nehmen diese Leute nach einer aufreibend-erfolgreichen Saison ihre Energie her?
Apropos: Das Aguas de Ibiza hat die Herausforderung zahlreicher neueröffneter Luxushotels angenommen und seinen etwas in die Jahre gekommenen Service auf Hochtouren gebracht. Wir erinnern uns: Bei der Wortkombi Luxus und Ibiza zog in den vergangenen Jahren so mancher Touristiker mit Recht die Augenbraue hoch. Manchmal fragte man sich, für welches Service man hier doch sehr gehobene Preise berappte – um dann doch immer wieder hinzufahren. Das Aguas am Ende der Saison jedoch: Schwungvoll und charmant, keine Rede von Sommermüdigkeit. Fein, dass „Ibizas (relativ) Neue", das Bless, das Nobu, das 7Pines, das Siau ganz im Norden, das Six Senses, das Sir Joan und alle anderen für echten Aufschwung sorgen. Alle relevanten Hotels Ibizas, die 2019 schon eröffnet waren, übrigens HIER im ausführlichen Test. Alle Neueröffnungen folgen 2022.
Abschied vom Nachsommer: Aguas de Ibiza auf Top-Niveau.
Gelesen.
Oliver Graue, Redaktionsleiter Business Travel bei fvw/Travel Talk, haben wir das schönste Buch des letzten Sommers zu verdanken. Genauer gesagt: Er war es, der es uns empfahl. Graue, ein Kenner, der sich mit richtig schöner (Reise)literatur wohl so manche langweilige Wartestunde auf Flughäfen vertrieben hat, schrieb über den Roman „Nur hier sind wir einzigartig“ (Christine Avel, Mare-Verlag) folgendes: Voller Sehnsucht und Melancholie steckt dieser Roman, poetisch geschrieben, ein Buch übers Erwachsenwerden. Eines, das viele Fragen aufwirft....
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