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Papa's Playground

Beginnen wir von rückwärts. Da ist diese Insel, einen Katzensprung vor Key West gelegen. Sie beherbergt ein ziemlich außergewöhnliches Resort, das als Belohnung für Corporates nach tollen Leistungen oder als Honeymoon-Destination für Verliebte hohe Maßstäbe setzt. Die Location heißt Sunset Sea Cottages, wird von der Luxuskette Opal betrieben, und schon am Pier, nach einer kurzen Überfahrt von Key Wests Marina, ist klar: Das hier wird der Himmel auf Erden! Im Restaurant Latitudes, das alle Stücke kosmopolitischer Kochkunst spielt, begleitet eine warme Brise vom nahen Strand das aufmerksam servierte Wagyu Beef, die Lobster Bisque oder eine originelle Key West Pink Shrimp Carbonara, jedes Mal von repräsentativen Weinen aus aller Welt begleitet. Sanft weht der Wind, die Füße im Sand, so leicht ist das Leben vor Key West, und in einem der romantischsten Restaurants der Vereinigten Staaten.

Text: Andreas Dressler

Runter vom Pedal: 200 Inseln und 42 Brücken wollen ganz langsam entdeckt werden.

Da ist diese Bar vor Key Largo. Alabama Jack‘s ist ihr Name. Halb steckt sie im Mangrovendickicht, halb ist sie Bistro und Terrasse, gerade mal ein paar Handbreit überm Wasser. Sie ist seit 50 Jahren hier. Das Dekor – Resopal-Chic vom Feinsten – besteht großteils aus Dutzenden Nummernschildern, an Wände und Säulen genagelt, sowie einigen Fischerbojen und Treibholz. Als Blickfang dient ein beeindruckender, präparierter Marlin. Um zu Alabama Jack’s zu kommen, ist keine Luxusfähre nötig: Die Maut auf der Cardsound Road kostet einen Dollar – Cash natürlich. Willkommen an der Tränke einer Community von Bikern, Rentnern, Familien oder allen anderen gemütlichen Zeitgenossen, die eine gute Zeit haben möchten. Conch Fritters, Kroketten aus Muschelfleisch, das Signature-Gericht der Keys, gibt’s hier in rauen Mengen, dazu Shrimps vom Pappteller. An kaltem Bier: kein Mangel. An Wochenenden gibt’s Livemusik – seit 28 Jahren spielt dieselbe Band.

Latitudes & Alabama Jack’s, Luxus & Old Floridas Charme:
Das sind zwei Welten, die hier zusammengehören. Zwischen ihnen liegen viele Brücken, gut 100 Meilen Straße – und eine große Chance. In vier Stunden ließe sich, das glitzernde Miami im Rücken, die 160 Meilen lange Piste nach Key West bewältigen. Viele Besucher brettern die Strecke durch – und verpassen das Beste. Denn Floridas Overseas Highway, der wie eine Perlenkette unzählige Inseln zu einem Wunderwerk aus früher Ingenieurskunst, atemberaubender Natur und entspanntem Lebensstil verbindet, ist ein ikonischer Roadtrip: direkt ins Herz eines Amerikas, das sich dem schnellen Zug der Zeit entgegenstemmt. Eine raue, hemdsärmelige und mit verschmitztem Charme ausgestattete Gastfreundschaft ist das inoffizielle Wahrzeichen von Floridas äußerstem Süden. Lebenskünstler, Aussteiger, Abenteurer – kurz, alle, die auf der Suche nach maximaler Lebensqualität waren, ließen sich auf diesem Außenposten der amerikanischen Zivilisation nieder.

Niemand geringerer als Ernest Hemingway tat es ihnen vor: Er hielt es für angebracht, sich hier auf den Keys „die Knochen gut durchtrocknen zu lassen“. Es wäre schade, „Papa’s“ Wohnhaus – heute das meistbesuchte Museum in Key West –, seine sonnenbadenden Katzen, den Originalschreibtisch des großen Schriftstellers, die unzähligen, teils intimen Fotografien aus seinem Leben und die ausgezeichneten Führungen durch das Gelände, in dem Hemingway in den 30-er Jahren lebte, links liegen zu lassen. Der Besuch wird hier zum Lehrgang in Lebenskunst. Do it slow. Es wäre aber auch schade, einzig Key West, dieses flirrende, laute, „all-you-can-drink“-Party-UFO, grellbunt gelandet am äußersten Zipfel Amerikas, zu besuchen. So wie es viele machen, die per Flugzeug oder, wie bereits erwähnt, in Rekordzeit per Auto anreisen.

Nie galt mehr als hier: Der Weg ist das Ziel. In den vielleicht entspanntesten vier Tagen seit der touristischen Ent-deckung Amerikas warten Sehnsuchtsorte wie Key Largo oder das verschlafene Marathon auf einen Augenschein. Türkisblaue Meeresbrandung, Korallenriffe, Sandbänke und Mangrovenwälder säumen den „Highway that goes to Sea“ und seine 42 Brücken. Das Meer spielt eine Hauptrolle im großen Landschaftstheater: Hochseefischen ist – unverändert – das große Thema in den Häfen. Ein Florida Keys Shipwreck Trail verbindet neun historische Unterwasserwracks und künstliche Riffe. Und für Profitaucher ist die Karibik hier schon jahrzehntelang ein Hotspot.

Key Largo. Die Insel verfügt über einige der besten Tauchreviere der USA.

Das Meer spielt eine Hauptrolle im großen Landschaftstheater
Henry Flager, der legendäre Eisenbahn-Baron aus New York, hatte schon 1912 den richtigen Riecher, als er die Keys mit Gleisen verband, auf denen die Gäste bequem Richtung Süden rollten. 1935 war jedoch Schluss – ein Hurrikan vernichtete das Meisterwerk der Technik, das von der Weltpresse einst als „achtes Weltwunder“ bezeichnet worden war. Zuvor hatten tausende Arbeiter sieben Jahre lang hunderte von Pfeilern in den Treibsand und die Mangrovensümpfe zwischen dem offenen Meer getrieben. Statt der Eisenbahn kam die Straße, und mit ihr kamen die Touristen und Hotels und Resorts, aber auch der Wunsch, die spezielle Key-Stimmung zu erhalten. Dazu zählt auch – und in erster Linie – eine entspannte Gastronomie, die den Fang aus dem Meer direkt auf Grill und Teller befördert: in Hafenkneipen und hochkarätigen Feinschmeckerlokalen, an unverdächtigen Adressen am Wegrand oder in Zeitungspapier gewickelt für einen schnellen Leckerbissen zwischendurch. In bester amerikanischer Tradition zeigt Florida auch bei Übernachtungen seine lässige Seite, ohne je auf Qualität zu verzichten.

Check-in im Baker‘s Cay Resort, Key Largo. Calusa, das hauseigene kreolisch-karibische Restaurant mit Terrasse und Panoramablick auf die Florida Bay, serviert zum Beispiel gerne Key-West-Küche mit einem Hauch von New Orleans-Aromen. Sonnenuntergänge sind die besten Weinbegleiter. Anderntags liegen zwei Pools, ein Naturpfad mit versteckten Stränden sowie ein Pier für Boote und jede Art von Wassersport vor der Nase der Besucher. Ach ja, Tiki-Hütten für den vierbeinigen Begleiter und gekühlte Wassernäpfe dürfen auch nicht fehlen. Auf Meile 102,5 zweigt eine Stichstraße zum ersten Unterwasser-Nationalpark der USA ab, dem Pennekamp Coral Reef State Park. Tauch-, Schnorchel- und Glasboottouren, Kajakabenteuer, Stand-Up-Paddeln, aber auch Angeltrips haben die Guides im Angebot – der pure Sommerspaß, in den Wintermonaten freilich recht kühl. Dann ist frischer Fisch, am besten direkt vom Dock, angesagt: Mrs. Mac‘s Kitchen ist ein idealer Platz für ein Mittagessen, auch wenn das Lokal direkt am Highway liegt. Wer gern ein wenig „off the road“ zu Mittag speist, sollte im Key Largo Conch House gut aufgehoben sein. Meeresfrüchte – fangfrisch auch hier – und köstliche Desserts. Über den authentischsten „Key-Stil“ können Gourmets lange streiten. The Fish House jedenfalls ist einer der Top-Favoriten für den ersten Platz auf einem Podium der Genüsse, wo sich Atmosphäre, lokale Kochkunst und humorvoller Service treffen. „Fish & Seafood only“ – dafür in einer unerhörten Qualität und Auswahl: Gelbschwanz-Schnapper, Mahi Mahi, Zackenbarsch, Florida-Hummer oder Steinkrabben werden in unzähligen Varianten angeboten. Ein Grund, noch eine weitere Nacht zu bleiben: Für ein zweites lukullisches Wahrzeichen Key Largos bleibt vor der Weiterfahrt dann auch noch Zeit. Im nahen Pilothouse sitzt man überirdisch schön in der Glass Bottom-Bar direkt am Wasser, den Blick auf den 5-Sterne-Yachthafen gerichtet.

Yacht chartern Key Wests Hafen – ein Paradies für Freizeit-Kapitäne.

So entspannt präsentiert sich am nächsten Tag auch die Sportfischerhauptstadt der Welt: Das Städtchen Islamorada ist Inbegriff des Angelns für höchste Ansprüche. Hinein ins sportliche Vergnügen, am besten in Robbie’s Marina oder im „World Wide Sportsman Shop“, einem gigantischen Ausrüstungs-hafen mit tausenden Angelruten, Profi-Equipment und Sportkleidung im Angebot. Tropische Sundowner locken die Erwachsenen an die hauseigene Marina. Kinder lieben es, sich einen Eimer zu schnappen, um die hungrigen Tarpune zu füttern. Wahre Profis bringen ihren Fang gleich selbst vom Boot, um ihn stilgerecht von den Köchen zubereiten zu lassen. Ein wenig formeller, aber nicht steif ist der Besuch bei Chef Michael’s, einem der berühmtesten (Fisch-)Lokale am Weg nach Süden. Hogfish oder Lionfish, laut Karte zubereitet im Cajunstil, à la Pontchartrain, à la Ambassador, Adriatic oder Juliette gibt’s immer in der Küche. Zubereitet werden die Köstlichkeiten entweder gegrillt, sautiert, gebacken oder blackened, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wer in Islamorada auch gleich stilvoll (aber nicht luxuriös) übernachten möchte, wählt eines der vier Häuser aus der Islamorada Resort Collection: Im Amara Cay Resort lassen sich Öko-Bootstouren, Radausflüge, Wassersport und insgesamt acht Restaurants genießen – die Tiki Bar ist vor Ort Treffpunkt für den letzten Cocktail im Mondlicht. Vorbei geht’s am „Theater des Meeres“ mit Attraktionen für Klein und Groß – und dann ab in die echte, maritime Showtime: Katamarane bringen einen zum Unterwasserabenteuer am Donut Riff, einem plötzlich grünblauen Blickfang im Aquamarin der See. Papageienfische sehen den exotischen zweibeinigen Besuchern mit ihren Masken und Schnorcheln neugierig zu; ein Rochen, ein Schatten nur, gleitet vorbei ins Tiefe, und wenig später surfen Delfine gutgelaunt am Boot vorbei.

Zu Besuch im Turtle Hospital
Jene Meeresschildkröte, die hier gerade noch so schwebeleicht vorbeikam, kann Freiheit und Gesundheit genießen. Im „Turtle Hospital“ bei Marathon sind ihre Artgenossen auf Lebenszeit oder zur Behandlung auf Zeit zu Gast – je nach Schwere ihrer Verletzungen. Die sind zumeist durch Bootsschrauben verursacht oder basieren auf Tumorerkrankungen aufgrund der Wasserverschmutzung, wie die Helfer wissen. Liebevoll kümmert sich das professionelle Team um Rettung und Rehabilitation. Bei Entlassungen ins freie Meer feiern alle mit dem genesenen Patienten. „Das ist nicht Sea World hier“, sagen die Betreuer dann auch bei den engagiert geführten Besucher-Touren. „Diese Tiere wollen wieder in die Wildnis.“

Marathon, der bis vor kurzem noch verschlafenste Ort der Keys, hat eine erstaunliche Wendung genommen. Einer der Gründe: Das einzig verbliebene Relikt der historischen Overseas Railroad, die Old Seven Miles-Brücke, wurde zu einem 2-Meilen-Erlebnispark umgestaltet und im Frühjahr 2023 mit Pomp eröffnet. Seitdem ist es der Lieblingsplatz für Freizeitsportler und Jogger, für Radfahrer und Spaziergänger, Angler und In-die-Luft-Gucker. Zwei neue Resorts der Oberliga folgten dem neuen Highlight: das Isla Bella Beach Resort und das Valhalla Island Resort. Sie zeigen, wohin sich Dornröschen auf den Keys nach seinem langen Schlaf bewegt – in Richtung Sterne nämlich. Die liebenswerten, kleinen Inns und Motels, die den Ort noch prägen, bleiben Travellern ohne großes Budget trotzdem erhalten.

Die Entdeckung der Langsamkeit endet spätestens in Key West. Hier steppt der Bär – gewagte Kleidungsstile und aufgemotzte PS-Gefährte auf zwei oder vier Rädern inklusive. Stilvoll und ruhig lässt sich die Vielbesuchte mit dem Fahrrad oder zu Fuß erkunden: Ein Drink oder zwei in der Green Parrot Bar, Lokalaugenschein in President Harry Trumans Winter White House, ein Spaziergang zum Leuchtturm, vom dem aus einst – eine Premiere! – eine Frau die Geschicke der Seefahrt überwachte. Mutig ließ sie das Licht gegen Bedrohungen und Krieg leuchten, bevor die Elektrifizierung dem Wärtergeschäft den Garaus machte. Weiter zur Mel Fisher Maritim Heritage Society, wo im Museum hautnah die Schätze von zwei schiffbrüchigen spanischen Galeeren besichtigt werden können und die Ausstellung „Voyage to Freedom“ das „Boot“ Mariana zeigt: Ein Provisorium aus 14 Stahlfässern und einem 8-Zylinder-LKW-Motor, mit dem 2015 vierundzwanzig kubanischen Flüchtlingen die Überfahrt aus Kuba gelang.

Lighthose Hotel by Kimpton‘s. Eine lässige Lifestyle Adresse auf Key West.

Gemütlichkeit im Trubel garantiert das in Steinwurfweite von Hemingways Haus gelegene Lighthouse Hotel by Kimptons Key West. Zehn Gebäude, die Mitte der 1880er-Jahre errichtet wurden, gruppieren sich harmonisch um einen Backsteingarten und den Pool. Mittags geht es auf einen Hogfish-Lunch ins gleichnamige Bar & Grill, dorthin also, wo Bobby Morellis Killer Hogfish Sandwich seit Jahren lukullische Legende ist. Fürs stilgerechte Tagträumen ist ein Abstecher ins Sloppy Joe’s Dockside zu empfehlen, ein Ableger des Originals in der hektischen Duval Street. Und dann die Überraschung: Key West zeigt Eingeweihten seine wilde Seite. „Lazy Dog“, ein Unternehmen, das als Kajak- und T-Shirt-Firma in den 90er-Jahren startete („A millionaire in flip flops“), lädt nur zehn Autominuten vom Zentrum entfernt in die Mangrovenwälder der südlichen Keys, um die Schönheit der Sümpfe mit Kajak und Paddleboard kennenzulernen. Wer Flora und Fauna der Mangroven hautnah und pritschelnass- erleben und dabei Leguanen beim Jagen zusehen möchte, ist bei den „faulen Hunden“ an der richtigen Leine. Und abends, reif für das richtige Abenteurerlatein, ganz wie „Papa“ meinte: „Das interessanteste Geschöpf der Zoologie ist der Fisch.“ Er wächst noch, wenn er längst verspeist ist. Wenigstens in den Augen des Anglers …

Mehr Informationen unter www.fla-keys.de

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