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Für einen kurzen Stopover oder einen Longstay-Aufenthalt perfekt: Qatar und seine Hauptstadt Doha locken mit tradtionellen arabischen Märkten, preisgekrönter Architektur und Ausflügen in ein spektakuläres Hinterland.



Dass Meere ineinanderfließen kommt auf einem Planeten, der von oben betrachtet so herrlich blau leuchtet, ja immer wieder mal vor. Sandmeere sind davon in der Regel ausgeschlossen. Die gelben Wogen hoher Dünen und die Salzwasserwellen bleiben meistens sauber separiert. Wer jedoch am frühen Morgen von Doha aufbricht, um die Küste in südlicher Richtung hinunterzurollen, sieht das zum Sonnenaufgang ein wenig anders. Khor Al Adaid heißt jene atemberaubende Lagunenlandschaft, die sich in der Stille des frühen Morgens vor einem ausbreitet. Seekühe leben hier.

Die bedrohten Oryx-Antilopen sollen wieder angesiedelt werden. Und für Kormorane, Flamingos und Wattvögel ist die zauberhaft schimmernde „Inland Sea“ bereits jetzt ein beliebter Nistplatz. Die UNESCO hat das Binnenmeer als Naturreservat mit eigenem Ökosystem anerkannt: Es ist einer jener seltener Orte, in denen das Meer tief in die Wüste vordringt. Irgendwie einzigartig. Unerwartet anders. Berührend, wo man es kaum erwartet hätte. Diese spontane Feststellung stellt sich im kleinen Qatar, das stets ein wenig wie ein grundsolides Unternehmen mit Triple-A-Rating wirkt, immer wieder ein. Fährt man die paar Kilometer von Dohas Airport Richtung Stadtzentrum, ist alles ganz einfach: Fein säuberlich aufgereihte Dattelpalmen addieren sich zur sieben Kilometer langen Corniche. Historische, hölzerne Dhaus laden zum Cruisen ein. Ist man am frühen Abend unterwegs, sieht das Glitzern der aus dem Boden gestampften Stadt besonders verführerisch aus. Ikonische Bauten wie der taillierte Aspire Tower, oder Jean Nouvels im Stil altarabischer Turmbauten ausgeführter Doha Tower legen Zeugnis vom erwachten Selbstbewusstsein der Bauherren ab.

Die schlanke Spirale der gleichnamigen Spiral Mosque weist hinter schaukelnden Dhaus den Weg zum zentralen Souq Waqif, für viele der traditionellste Basar der gesamten Golfregion. 2004 wurde der alte Beduinenmarkt zur Gänze renoviert. Historische Baumaterialien kamen dabei zum Einsatz, nun überlagern sich diese Facetten des Alten Orients mit Shisha-Auszeit – und beides mit dem zeitlosen Duft der Gewürze. In bester Nachbarschaft befinden sich die labyrinthischen Marktzeilen ohnehin. Da wäre das millionenschwere Glimmen im Goldsouk. Stilistisch passende, intime Restaurants, denen das Safran- und Muskatnuss-Gen fest eingeschrieben ist, residieren hier neben kleinen Kunstgalerien. Am Rande des Basars überrascht schließlich der Falken-Souq – eigentlich eine Art lebendes Volkskundemuseum in Sachen arabischer Falknerei, zu dem auch ein eigenes Falkenspital gehört. Zeitreisen in jede beliebige Richtung, Eintritt kostenlos– dazu fordert eine Stadt wie Doha auf vielfältige Weise auf. Da wären zum Beispiel die gut hundert Jahre alten Barzan Towers, die an sonnengebackene XXL-Varianten XXL-Varianten jener Sandburgen erinnern, die entspannte Familienväter für ihren Nachwuchs gerne am Strand errichten.



Oder nehmen wir den nahen Museumskomplex Msheireb, der die geschichtliche und kulturelle Entwicklung Katars zelebriert, und dessen vier historische Gebäude nun sinnstiftend für die Regeneration des alten Stadtzentrums stehen. Das gänzlich neu errichtete Katara Cultural Village spürt dem Thema Heritage hingegen auf ganz andere Weise nach: ein Amphitheater, Taubentürme, moderne Recycling-Skulpuren, Street Art und eine glamouröse goldene Moschee laden hier zum beschaulichen Bummeln ein – und eine imposante Filiale der Galeries Lafayette zum Shoppen. Die Message ist klar: Doha versteht sich als Einladung in einen Mittleren Osten, in dem sich kulturelles Erleben und hochkarätiger Konsum fein getunt die Waage halten.



Raus aus der Stadt, rein ins Abenteuer


Und wie schaut es jenseits des urbanen Flächenrasters der Hauptstadt aus, in dem mehr als 90 Prozent aller Katari leben? Von Dhau-Romantik, die im Rahmen halb- tägiger Cruises gerne auch mit BBQ und einem Stopp auf der sandigen Al Safliya Island angeboten wird, war ja schon die Rede. Von den künstlich aufgeschütteten Inseln und Yachtclubs, die zwischen azurblauem Himmel und einem petrolgrünen Meer – sowie zugleich zwischen „man made“ und „echter“ Natur – treiben, noch nicht. Die beiden hufeisenförmigen Inseln von The Pearl sind so ein Fall. Perfekt für Stand-up-Paddler: das Banana Island Resort, ein Haus der Anantara-Gruppe. Ganz neu am südlichsten Punkt des Urbanisierungsprojekts Lusail: die beiden gekrümmten Türme der Katara Towers, die einen Halbmond andeuten und zugleich zwei Schwerter, und die demnächst ein Fünf-Sterne sowie ein Sechs-Sterne Hotel beherbergen werden.



Die hochkarätigen Bauten der am nordwestlichen Stadtrand nach Plänen des japanischen Architekten Arata Isozaki entstandenen Education City schlagen in eine etwas andere Kerbe – und verheißen einen architektonischen Augenschmaus der Superlative. Dazu gehören: eine Moschee, die ein wenig wie ein gestrandeter Wal aus einer weit entfernten Galaxie ausschaut und eine öffentliche Bibliothek der Rotterdamer OMA-Architekten, die an ein weit aufgeschlagenes, von Licht geflutetes Buch erinnert. Außerdem beleben internationale Universitäten das offene Viertel. Vor dem modernen Hospital zeichnen großformatige Skulpturen des weltberühmten britischen Bildhauers Tony Cragg den embryonalen Zyklus nach – auch wenn sich religiöse Hardliner daran reiben. Ebenfalls ein Hingucker: Jeans Nouvels Nationalmuseum von Katar mit einer filigranen Sandrose als Erkennungs- zeichen. Spaziert man durch das abwechslungsreich illuminierte Innere, dann beleben Oryxe, Wale und Wüsten- gräser die sanften Raumkrümmungen und höhlenähnliche Zonen des poetischen Entwurfs, während giftgrün lackierte Pipeline- ventile und -rohre von der jüngeren, in Öl gepinselten Geschichte erzählen. Weil für Katar das Beste prinzipiell gerade gut genug ist, hat auch das Museumsrestaurant einen klingenden Namen: Das Jiwan by Alain Ducassegehört zum Emporium des legendären Sternekochs.

Fast beschleicht einen das Gefühl, Qatar treibe auf aufregende Weise quer durch die Zeit und erfinde sich ständig neu. Jüngster „Beweis“ für diese These: Gerade versucht man, sich als Sport- destination von Weltruf zu etablieren. Außer der Fußball-WM, einem ATP Tennis Open sowie einem Wüstenmarathon sollen im nächsten Jahr auch Formel- 1-Rennen in Qatar stattfinden. Zur Geschwindigkeit des Landes würde es jedenfalls gut passen ...

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