LUXUSHOTELTEST
Wodurch definiert sich ein Boutique Hotel? Die Antwort darauf fand ich ausgerechnet im idyllischen Salzkammergut-Örtchen St. Wolfgang. Mitten drin, zwischen ehemaligen Sommerfrische-Villen und rustikalen Altbauten steht dieses Schauobjekt namens Cortisen am See, dessen Besitzer Roland Ballner daraus ein Bravour-Stück des ausgefallenen Geschmacks gemacht hat.
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White Suite
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Juniorsuite
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Restaurant
Und das ist noch milde ausgedrückt angesichts der Explosion an Farben, ausgefallenen Möbeln und schrillen Bildern – alles harmonisch kombiniert und perfekt in Szene gesetzt. Ein „Wow“-Effekt schon im Entrée, das in den Farben Purpur, Lila und Giftgrün mit einer Chaiselongue in kräftigem Samtrot ein Hingucker ist. Für Puristen ein Schock, der sich auch in den farbintensiven Zimmern fortsetzt. Daneben gibt es auch „Gedecktes“, wie das kuschelige Lesezimmer in sanftem Grün-Braun mit Büchern aus der ganzen Welt. Denn neben seinem feinen Händchen für Ausgefallenes ist der „Zeitgeist-Surfer“ Roland Ballner vor allem ein moderner Jäger und Sammler, der in der Off-Season bevorzugt mit dem Motorrad die Kontinente bereist. Sein Credo: „Ich suche mir meine Ziele nach tollen Hotels vor Ort aus und lasse mich inspirieren.“ Auf seiner „Preferred List“ ganz oben stehen Chile, Argentinien und Südafrika, das er schon x-mal bereiste. Impressionen davon finden sich im Mix aus modernem Kolonialstil mit passender Farbzusammenstellung in den Zimmern.
Seit 2006 vertritt er mit seinen schrillen Ideen das elterliche Erbe und polarisiert mit seinem eigenwilligen Stil, aber auch mit seiner „no kids“-Philosophie, die ihm anfangs einigen Ärger bescherte. Zumal sich zu dieser Zeit die Reisebranche mit Angeboten für den maßkonfektionierten Familienurlaub überschlug. Mittlerweile gehört diese Einstellung neben seinem „Bauchladen“, wie er sein Zuhause liebevoll nennt, und der Lage am See zu seinen „USB‘s“. Passend dazu die Harley Davidson für die Spritz-Tour und die loungige Liegewiese mit Steg am See. Mit seiner Bar im argentinischen Stil, bestückt mit den besten Whiskey-Sorten und den einladenden Möbeln im halbrunden Wintergarten, macht er sich von Wetterkapriolen unabhängig. Die Farbkombination im Restaurant aus Schwarz, Dunkelrot und Silber braucht hingegen Sonne, um nicht düster zu wirken. Ein Hingucker sind dort die Bilder einer österreichischen Künstlerin, die farblich und im Stil wie dafür gemalt wirken. Glück ist, wenn das Haus nicht voll ist und mehrere Zimmer zur Auswahl stehen. Dann hat man die Qual der Wahl: die zweistöckige Private Spa Suite mit Whirlpool unterm Dach oder doch lieber die Black Suite? Das bleibt jedermanns Gusto überlassen.
Text: Elsa-Maria Honecker