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World Voyager von nicko cruises

Mit dem World Voyager wagt sich nicko cruises ins Fahrwasser der expeditionstauglichen Megayachten – und setzt dabei auf Eleganz und Understatement im businessgrauen Maßoutfit. Dunkler Rumpf, schwarzglänzende Fensterfronten und als stilvoller Kontrast zum kecken Heck ein ziemlich stolzgeschwellter Bug, dem man sofort abnimmt, dass er nicht nur die Herzen im Hafen, sondern auch das Eis in der Arktis völlig mühelos brechen kann: Im Vieux Port de Nice ist der World Voyager ein echter Hingucker – und ein bisschen auch ein Machotyp. Vielleicht hat sich nicko cruises deshalb dazu entschieden, von seinem im April 2020 in Dienst gestellten Flottenneuzugang stets in der männlichen Form zu sprechen. Für Schiffe ist das ziemlich ungewöhnlich – für den World Voyager aber auch ziemlich passend.



Ob die inneren Werte des für 200 Passagiere und 100 Besatzungsmitglieder konzipierten „Premium-Prachtkerls“ ebenso überzeugen können, wie die äußeren? Zwischen Nizza und Lissabon haben wir sieben Tage lang Zeit, es herauszufinden …

Der erste Eindruck fällt jedenfalls ausgesprochen positiv aus: Von der ersten Sicherheitskontrolle an Land bis zum letzten Schluck Begrüßungschampagner in der eigenen Kabine vergehen gerade einmal 20 Minuten – Antigentest, Kapitänsplausch und Koffer vor der Kabineinklusive. Was uns hinter der Tür mit der Nummer 510 erwartet? Ein 25 m2 großes Refugium mit erstklassigen Betten, hübschen Interior-Details, XXL-Flatscreen und privatem Balkon. Highlight ist jedoch das mosaikgeflieste Bad mit einer großen Multifunktionsdusche samt steinerner Sitzbank und Unmengen von Massagedüsen, von denen man sich stundenlang berieseln lassen könnte. Doch raus aus den eigenen vier Kabinenwänden und rauf aufs Observation Deck! Ganz vorne auf Deck 5 gelegen und mit umlaufenden Sitzbänken versehen, befindet sich hier der beste Platz für die erste Ausfahrt ins offene Mittelmeer – und auf Expeditionstörns ganz sicher auch der perfekte Ort, um im Atlantik Wale zu beobachten und Eisberge zu zählen.



Apropos Expeditionstörns: In Sète werden am nächsten Morgen gleich nach dem Anlegen die Bord-Zodiacs zu Wasser gelassen. Eine gute Gelegenheit, um das „französische Venedig“ vom Wasser aus zu erkunden – und gleichzeitig ein kleiner Vorgeschmack auf die in anderen Gewässern angebotenen Abenteuerausflüge. Ganz nach unserem Gusto sind in dem Bilderbuchstädtchen an der Mündung des Canal du Midi übrigens auch die fangfrischen Austern, die vor Ort ganz ohne Chichi und Champagner, dafür aber mit Baguette, Algenbutter und einfachem Landwein in jeder Fischerkneipe serviert werden. Auf unserem Weg Richtung Süden und rund um die spanische Halbinsel machen wir einen Tag später in Barcelona Station. Fast 48 Stunden werden wir vor Ort bleiben – ausreichend Zeit, um die katalanische Millionenmetropole auf eigenen Touren zu entdecken. Unser für kleine Cruiser reservierter Liegeplatz gleich hinter dem World Trade Center erweist sich da als idealer Ausgangspunkt. La Barceloneta und das Columbus-Denkmal bereits beim Frühstück auf dem Freideck fast in Greifweite, lässt sich die Stadt von hier aus bequem zu Fuß oder per Citybike entdecken. Nach einem weiteren Landgang in Valencia genießen wir bis zum Stopp in Gibraltar einen ganzen Seetag – und einen World Voyager, der sich von seinen besten Seiten zu präsentieren versucht: Ob in der aussichtsreichen Observation Lounge hoch oben auf Deck 7, im Auditorium, wo mitreisende Lektoren auf die nächsten Stationen einstimmen oder im eleganten Mystic-Restaurant mit überdachter Al-Fresco-Terrasse und einem Hauch von Privatyacht-Atmosphäre: Sämtliche Bordeinrichtungen gefallen durch ihr edles Understatement und ein Raumangebot, wie man es auf 126 Metern Gesamtlänge kaum erwartet hätte. Selbst für eine große Panoramasauna im Spa-Bereich oder eine Smoothie-Bar des österreichischen Fruchtsaftherstellers Rauch hinter der Lobby-Area mit ihren wandfüllenden Hightech-LEDs bleibt da noch Platz. Lediglich rund um den in die Höhe gebauten und von Geländern umgebenen Pool – für so ein modernes Schiff eher ungewöhnlich und auch störend, weil man stets auf eine weiße Wand schaut und der Blick aufs Meer verlorengeht – fehlt es an Luftigkeit und Luxus. Hier stehen die Sonnenliegen zu eng, weht vom Raucherbereich der Zigarettengeruch herüber, mangelt es überall an Intimsphäre. Auf das angekündigte BBQ haben wir in diesem Ambiente jedenfalls keine Lust. Stattdessen begeben wir uns auf Deck 4, wo man uns auch im Hauptrestaurant gerne gegrilltes Seafood auftischt, obwohl das nicht auf der Lunch-Karte steht und unser Kellner dafür einmal quer übers Schiff laufen muss. Überhaupt, diese Crew: Ob Rezeptionistin oder Kabinen-Steward, Spa-Mitarbeiterin oder eben Alexandro und seine Kollegen und Kolleginnen im Restaurant – jeder zeigt sich hochmotiviert, herzlich und stets um den Gast bemüht. Das erlebt man in dieser Qualität und Kontinuität nur ganz selten!

Der World Voyager kann sowohl Sir als auch Seebär



Gibraltar am frühen Abend zu erreichen, hat Vor- und Nachteile. Auf der einen Seite sind die ganzen, fürs Duty-Free-Shopping angereisten Tagestouristen dann schon wieder weg, und man muss sich das kleinste britische Überseegebiet nur noch mit den 33.694 Einwohnern teilen. Auf der anderen Seite haben sich die Berberaffen um diese Uhrzeit die Bäuche aber auch schon derart vollgeschlagen, dass sie keine Lust mehr auf Besucher haben und sich nicht mehr blicken lassen wollen. Dafür entschädigt aber ein spektakulärer Sonnenuntergang hoch oben auf dem berühmten Felsen mit Blick auf zwei Kontinente und drei Länder: Marokko zur Linken, Spanien zur Rechten und „good, old England“ zu Füßen …



In der letzten Nacht an Bord, auf dem Weg nach Lissabon, kann unser World Voyager schließlich auch noch beweisen, dass er nicht nur Sir, sondern auch Seebär ist. Über dem Atlantik hat sich während des Gala-Dinners nämlich eines der gefürchteten Sturmtiefs zusammengebraut: Während zu Lachs und Fenchelsalat noch ein laues Lüftchen weht, bläst den geschmorten Kalbsbäckchen auf Petersilienrisotto bereits eine steife Brise entgegen- Und zum gebackenen Hummerschwanz schäumt und pfeift es dann ganz ordentlich vor den Panoramafenstern. Doch davon ist am Tisch – oder später im Bett – nur wenig zu spüren. Offensichtlich ist das Fahrverhalten unseres Gastgebers ebenso gentlemanlike wie so viel anderes an Bord.

World Voyager


■ Kabinen & Suiten
insgesamt 98 in 8 Kategorien
zwischen 17 und 44 m2. Deluxekabinen mit getrenntem Wohn-/Schlafbereich, Navigator Suite mit extragroßem Balkon. VIP-Suite auch mit begehbarem Kleiderschrank. Explorer Suiten mit zweitem Kleiderschrank, separatem WC sowie Badewanne und Dusche.
■ CCircle-Tipps
Die Infinity-(Deluxe-)Kabinen verfügen über absenkbare Panoramafenster
statt Balkon. So entsteht mehr Platz in der Kabine und ein luftiges Wintergartenambiente – je nach Fahrgebiet und persönlichen Vorlieben eine sehr gute Wahl.
■ Stil & Ambiente
Familiär und ungezwungen.
Kein Dresscode, lediglich am Gala-Abend „darf es gerne auch etwas festlicher sein“.
■ Restaurants & Bars
Hauptrestaurant Mystic mit schöner
Außenterrasse und gehobener
Küche. Open-Air-Restaurant am Pool, Smoothie Bar, Observation Lounge, Main Lounge
■ Bordunterhaltung
Vorträge mitreisender Lektoren,
Gastmusiker am Abend, kleine
Bibliothek, Kinonachmittage, Brücken-
führungen, Kochkurse, Bordshop
■ Sport & Spa
Gym, Laufbahn im Freien auf Deck 7, Spa mit 2 Behandlungsräumen,
4 Wärmeliegen und Panoramasauna
■ Service
Außergewöhnlich freundlich und in allen Bereichen stets um das Wohlergehen der Gäste bemüht.
■ Umwelt
Hybride Antriebstechnologie, multiple Schornsteinfilter, Micro-Auto-
Gasification-System, das anfallenden Müll in Schiffsenergie umwandelt.
■ Fazit
Der World Voyager ist eine außergewöhnliche Megayacht, die auf außergewöhnlichen Routen unterwegs ist. Obwohl viele Einrichtungen 5*-Niveau entsprechen, handelt es sich aber nicht um ein Luxusschiff, sondern um ein erstklassiges Premiumprodukt! Butlerservice wird nicht angeboten. www.nicko-cruises.de

Text: Jörg Bertram


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