LUXUSHOTELTEST
Wingen-sur-Moder ist ein verschlafenes französisches Dorf in einer aufgeräumten Gegend in den hügeligen Vogesen (zwischen Straßburg, Frankfurt und Basel), das gerade seinen zweiten Frühling erlebt. Noch um die Jahrtausendwende durch Strukturwandel und Abwanderung von wirtschaftlichem Niedergang bedroht, wird es seit einigen Jahren zu neuem Leben erweckt.
Grund dafür ist das Engagement eines Schweizer Investors, das sich in der Renovierung des exklusiven Hotels Villa René Lalique und einem neuen gastronomischen Hotspot dortselbst niederschlägt; aber auch darin, der dort ansässigen Glasmanufaktur zu neuem Aufschwung zu verhelfen. Dass also seit einigen Jahren in der Manufaktur René Lalique in Wingen-sur-Moder wieder Kristallobjekte entwickelt und in Handarbeit hergestellt werden, ist Silvio Denz zu verdanken. Der vermögende Schweizer Unternehmer, Kunstsammler und Weinliebhaber hat nicht bloß Millionen in die Renovierung der historischen Villa René Lalique gesteckt, sondern auch das marode Produktionsunternehmen mit einem Namen von Weltruf saniert.
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Sand, Bleioxid und seltene Erden werden seither wieder von rund 30 Glasmachern bei 1.400 Grad im Brennofen erhitzt und anschließend in Form gebracht. An die 2.000 verschiedene, vorwiegend per Hand gefertigte Produkte verlassen jährlich die Firma, vor allem in Richtung USA, Naher Osten und Asien.
Von weit her kommen auch all jene Feinschmecker, die im Elsass ihren Gaumen-freuden zu frönen pflegen. Da trifft es sich, dass das breite Angebot an erstklassigen Hotels & Restaurants der Region gerade um eine exklusive Adresse ergänzt wird: das Hotel Villa René Lalique mit sechs individuellen Suiten, die im Geiste des Glasmeisters gestaltet wurden, der die Villa einst selbst mit Familie bewohnte. Die Ausgestaltung der Suiten wurde Lady Tina Green und Pietro Mingarelli anvertraut, die – inspiriert von der Formensprache René Laliques – auch die Möbel und Dekorations-Accessoires entwarfen. Um die Seele des Familienanwesens zu bewahren, wurde das Äußere der Villa bei den Restaurationsarbeiten erfreulicherweise erhalten. Dass auch die Gestaltung der Suiten geglückt ist, wird nicht erst an „Masque de Femme“ deutlich, einer Duplex-Suite mit zwei Schlafräumen und einem Wohnraum, die sich auf 66 Quadratmetern erstreckt – und den Gast in die imaginäre, ästhetisch aufgeladene Welt des Künstlers und seiner Faszination für weibliche Geschöpfe eintauchen lässt. Eine Huldigung der Frau, an der jeder Gast der Villa René Lalique teilhat. Der Glaskünstler selbst zeigt übrigens in zahlreichen Originalfotografien Präsenz, die die Villa auf drei Stockwerken zieren.
Für den gelungenen Restaurant-Zubau zeichnet der renommierte Schweizer Architekt Mario Botta verantwortlich, der der historischen Villa Lalique ein modernes Statement in Glas und Ziegel gegenüberstellte – und seinem Küchenchef einen „tempio de la gastronomia“ baute. Zu Recht! Kein geringerer als Jean-Georges Klein, der bereits mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde, sorgt dort seither mit Leidenschaft für eine verspielte Küchenlinie mit vielen Überraschungen. „Meine Küche der ‚Vier Jahreszeiten‘ setzen wir fort, aber einzelne Gerichte werden umgebaut“, verrät Jean-Georges Klein im CC-Interview. Ein hoher Wiedererkennungswert mit ein paar Neuheiten, heißt es, zeichnet seine Kochkunst für all jene aus, die ihm schon länger folgen. Wie auch immer, „Excellence“ ist der Schnittpunkt, an dem sich die Kunst des 65-jährigen Starkochs und jene des Glaskünstlers René Lalique treffen. In der gleichnamigen Hotelvilla in Wingen-sur-Moder finden Könnerschaft und Kennerschaft zusammen.
Die umfangreiche Weinkarte des Restaurants (der Flaschenpreis reicht von 55 bis 28.000 Euro) ist der Sammelleidenschaft von Silvio Denz geschuldet. Gleich drei Sommeliers bewahren Überblick über 2.000 Sorten Wein, die im ebenfalls neu gestalteten Weinkeller gelagert und bühnenreif inszeniert werden. Die Kunst, mit dem Licht zu spielen, wurde da – den berühmten Glasmeister ehrend – fortgesetzt.
Schon bald könnte die Villa René Lalique unter dem Dach von Relais & Châteaux auftreten, wo sie derzeit eine Mitgliedschaft anstrebt. Außerdem sollen im Sommer 2016 unweit davon das Le Château du Hochberg mit 20 Zimmern auf 4-Sterne-Niveau eröffnet werden. Angeschlossen wird ihm eine Brasserie mit 90 Sitzplätzen sein.
Auf Initiative der Region ist Wingen-sur-Moder seit 2011 übrigens um eine weitere Attraktion im Namen Laliques reicher: Ein gar nicht so kleines, liebevoll gestaltetes Museum beherbergt nicht bloß die sehenswerte Sammlung an Parfumflacons von Silvio Denz, sondern setzt gekonnt das umfangreiche schöpferische Werk René Laliques in Szene. Ergänzt um ein touristisches Gesamtkonzept hätte die Region damit Potenzial für weiteren touristischen Aufschwung. Aber vielleicht ziehen ja gerade die Beschaulichkeit der Gegend und der Umstand, sich seine Wege selbst suchen zu können, die Gäste an. An René Lalique führt dort aber kein Weg vorbei.