Istrien ist reich an herrlicher Landschaft, herzlicher Gastfreundschaft und kulinarischen Köstlichkeiten wie aromareichen Trüffeln und den besten Olivenölen der Welt.
Der Künstler Jeff Koons sagte unlängst im SZ-Magazin: „Für mich ist ein Glas weder halb voll noch halb leer. Das Leben ist ein gut gefülltes Glas, in das ich einen Löffel tauche.“ Die Kroaten in Istrien und auf den Inseln der Kvarner Bucht scheinen ein ähnliches Motto zu beherzigen. Relaxed und lebensfroh, offen und herzlich. Gastfreundlich sowieso. Jedes Mal, wenn ich zum Abschied die Hand reiche, sei es dem Patron des Restaurants oder dem Winzer nach Verkostung von Trüffeln oder Olivenöl, kommt es mir vor, als ob ich einen Freund verlasse. Wobei das gut gefüllte Glas zudem als Sinnbild für Land und Meer stehen könnte. Reich beschenkt fabrizieren die Menschen mit Sorgfalt das Beste draus – Qualitätsprodukte nämlich. Zugegeben, das kam überraschend. Denn zum einen ist der Ruf der Region als kulinarisches Walhalla noch zart, zum anderen blieb mir die Landeskost aus früheren Reisen nach Jugoslawien nicht unbedingt als spannend in Erinnerung. Nur die Namen sind im Geist geblieben, weil sie so schön zischen wie beim Öffnen einer Bierdose: Ćevapčići („Schevabschitschi“) und Ražnjići („Raschnitschi“). Ganz ausgestorben sind Hackfleischröllchen und Fleischspieße als Nationalgerichte wohl nicht. Doch moderne Küchenmeister setzen ihre Talente für raffiniertere und abwechslungsreiche Kreationen ein.
Suche nach dem weißen Gold
Fangen wir bei den Trüffeln an, genau genommen bei den aromareichen Weißen. Sie gedeihen in den Wäldern Istriens in hochwertiger Qualität, weshalb ein geraumer Teil der Schätze von Italienern aufgekauft wird und mit der Regionsbezeichnung Alba auf den Markt kommt. Daniela Puh, die charmante Inhaberin von natura tartufi erzählt mir, dass Trüffeln bis in die 30er Jahre höchstens als Hundefutter galten. Das änderte sich erst, als plötzlich Trüffelsucher aus dem Nachbarland auftauchten. „Man wunderte sich, dass sie wie die Wilderer kein Gewehr trugen und kam so ins Gespräch.“ Kaum war der Wert des weißen Goldes erkannt, lief das Geschäft. „Mein Vater hat die Trüffeln noch über die Grenze geschmuggelt.“ Inzwischen besitzt Daniela in vierter Generation die Lizenz zur Trüffelsuche und durchforstet die umliegenden Wälder seit frühester Kindheit. Um Fundstellen wird kaum ein Geheimnis gemacht. Im Gegenteil, Interessierte können mit auf die Suche gehen und den Spürhunden folgen. Beim Ausgraben muss man freilich sehr vorsichtig sein, um die Knolle nicht zu verletzen. Dann nämlich verflüchtigt sich ihr Aroma und sie verliert an Wert und Geschmack. Gewissermaßen Finderlohn für Mitläufer ist das anschließende Mahl im modernen Showroom von natura tartufi. Höhepunkt dabei ist das buttrige Rührei mit großzügigen Tupfen des kleinen Naturwunders. Trüffeln gibt es den größten Teil des Jahres. Was erklärt, warum sie im späten Frühjahr in Degustationsmenüs mindestens ein Gericht aufpeppen. „Doch die Besten finden wir natürlich im Herbst“, sagt Daniela. Dafür häufen Chefs „Spring Truffles“ in großen Portionen auf den Teller – im Konoba Čok beispielsweise, einem der besten Fischrestaurants in Istrien. Die duftenden Riesenschnipsel bedecken drei knackige Garnelen, sodass nur noch das Schwanzende darunter herausguckt. Unter das köstliche Risotto mit Jakobsmuscheln indes war frischer Wildspargel gerührt, eine weitere Spezialität der Saison. Und noch etwas lerne ich hier in Sachen istrischer Gourmet-Gastronomie: Die Einrichtung mag schlicht sein, doch das Olivenöl auf dem Tisch hat stets Premium Qualität.
Aromatisches Olivenöl
Das feine Öl hat einen Nachteil. Es schmeckt so herrlich aromatisch, dass man nicht nur eine Scheibe Brot darin stippt, sondern den ganzen Korb leert, bevor es überhaupt richtig losgeht. Dieser Auftakt sorgt schon mal für erwartungsfrohe Stimmung, lässt er doch bereits vor dem Essen erkennen, mit welcher Begeisterung für heimatliche Produkte bewirtet wird. In Top-Restaurants werden dem Gast sogar vier Sorten Olivenöl offeriert. Unterschiedlich im Geschmack, haben sie fruchtige, grasartige, nussig-herzhafte oder pfefferige Noten und lösen stets leichtes Kratzen am Gaumen aus. „Zeichnet sich ein natives Olivenöl extra bei Verkostung nicht durch eine gewisse Schärfe aus, ist es gepanscht“, sagt Tedi Chiavalon, Inhaber der gleichnamigen Produktion. Ganz legal, wie er erklärt, denn EU-Gesetze erlauben bei der ersten Güteklasse die Untermischung minderer Öle. Chiavalon-Öle indes stammen ausschließlich aus eigenem Betrieb und werden nach Biorichtlinien gewonnen. Ich sehe im wahrsten Sinne flüssiges Gold mit grünlichem Stich in ein flaches Probierglas rinnen. „Hand auf die Öffnung und kurz schütteln“, sagt Tedi. Das Bukett, das sich dabei entfaltet, duftet intensiv nach vielerlei Noten. Nicht umsonst gehört Chiavalons Öl „Ex Albis“ zu den Besten der Welt. Die Auszeichnung geht auf den Flos Olei zurück, quasi der Michelin-Guide der Branche. Die Olivenöl-Bibel setzte zudem 2016 und 2017 Istrien als Produktionsregion an erste Stelle. Vor der Toskana! Zu verdanken ist das nicht zuletzt Tedis jüngerem Bruder Sandi. Er gilt als Pionier der qualitätssteigernden frühen Ernte. Geformt wie eine Lanzenspitze rankt sich auf der Halbinsel Istrien vieles um die Zahl drei. Drei Ecken, drei Flüsse, drei Qualitätsprodukte. Außer Trüffeln und Olivenöl gehört der Wein dazu. Einige der feinsten Tropfen der Region, also aus den Weingütern Kozlović, Roxanich und Benvenuti, begleiten mein Menü im Monte, einziges Sterne-Restaurant der Provinz, betrieben von Küchenchef Danijel Ekić und seiner holländischen Frau Tjitske. Man braucht ordentlich Puste und Orientierungssinn, um das hübsche Lokal auf dem Altstadthügel von Rovinj zu finden. Der Aufstieg durch die bezaubernden Gassen macht schon mal Appetit. Menü „Amuse“ besteht immerhin aus acht Gängen. Die Zutaten stammen aus der Region. Wie Rote Beete, die hauchdünn geschnitten einen zarten Würfel Tuna umhüllt. Oder Seeteufel, der von einer Kalmarkrokette flankiert auf schwarzem Reis und Meeresschaum schwebt. Der pure Genuss auch Spanferkel mit Linsen und Sülze. 24 Stunden Sous vide gegart schmeckt das Fleisch intensiv und zergeht auf der Zunge. Das wunderbare Olivenöl auf dem Tisch stammt aus eigener Produktion, sagt die attraktive Gastgeberin. Und noch etwas verrät Tjitske. „Wir frieren das frische Öl in kleinen Portionen bei -18°Celsius ein, um es aufgetaut im Frühjahr einzusetzen.“ Erstaunlich, denn Farbe und Aroma sind immer noch sehr kräftig. „Aber nicht weitersagen.“ Nun ja.
TEXT: KIKI BARON
Lage
Halbinsel an der nördlichen Adria zwischen dem Golf von Triest und der Kvarner-Bucht vor Rijeka
Fläche
2.813 km²
Bevölkerung
208.000
Sprache
Kroatisch und Italienisch
Anreise
■ Anreise: Je nach Startpunkt und Saison bestehen Flugverbindungen nach Pula, Rijeka und Zagreb.
■ Mietwagen: z.B. Sunnycars, www.sunnycars.de
■ Taxiboot: In den Häfen kann man sich mit kleinen Motorbooten zu herrlich verschwiegenen Strandbuchten schippern lassen.
■ Bike & Boat: Istrien und seine reizvollen Hafenstädtchen sowie die Inseln der Kvarner Bucht sind ideale Regionen für Radtouren. Service-Partner dafür ist die Agentur „Inselhüpfen“. Sie offeriert Mitfahrgelegenheiten auf 7-Tage-Törns mit Schiffen der eigenen Flotte sowie Vollcharter in der Luxusklasse. Zur Auswahl steht ein breites Spektrum neuester Stahlrösser, darunter auch E-Bikes und E-Mountainbikes. Auf Wunsch werden maßgeschneiderte Touren mit Guide ausgearbeitet. Ideal dabei: Wer mit dem Rad zum Restaurant fährt, kann sich nach Speis und Trank auf vier Rädern wieder abholen lassen. www.inselhuepfen.de
Größte Stadt
Pula
Restaurants
■ Draga di Lovrana, Lovrana
Die Spitzenküche von Chef Deni Srdoc paart sich mit dem spektakulären Blick auf Wald und Meer. Eine Handvoll stylischer Zimmer gibt es dazu.
www.dragadilovrana.hr
■ Monte, Rovinj
Alles, was vom heimischen Boden und dem Meer stammt, wird zu kreativen Gerichten in diesem Sterne-Restaurant. Danijel Dekic ist zudem Kroatiens GaultMillau-Koch 2017.
www.monte.hr
■ Spinnaker, Porec
Innovative Adria-Küche und regionale Tropfen machen ein Dinner zum kulinarischen Vergnügen am Hafen.
www.valamar.com
■ Johnson, Mošcenicka
Draga
Eingeweihte wissen: In diesem kleinen Fischerort gibt‘s die besten Scampi an der Kvarner Bucht. www.johnson.hr
■ Viking, Kanfanar
Pilgerstätte für Austern-Fans: Die eigene Zucht liegt vor der Tür im lupenreinen Fjord.
Limski Kanal 1, Kanfanar,
T +38 552 448 119
Konobas (familiengeführte
Tavernen), Bars
■ Astarea, Brtonigla
Unspektakulär von außen, urgemütlich drinnen. Auf der offenen Feuerstelle brutzeln
frischer Fisch und Fleisch. www.konoba-astarea-
brtonigla.com
■ Konoba Cok, Novigrad
Schlicht, aber oho. Hier kommen feinste Gerichte von Fisch und Meeresfrüchten auf den Tisch. Köstlich: Oktopussalat und Goldbrasse. Ul. Sv. Antona 2, Novigrad,
T +38 552 757 643
■ Damir & Ornella, Novigrad
Seit Jahren Kultadresse für Adria-Sashimi, filetiert wird der tagesfrische Fang direkt vor den Augen. Ohne Reservierung geht gar nichts.
www.damir-ornella.com
■ Stari Podrum, Momjan
Hausgemachte Nudeln mit Trüffeln, Steaks vom Boškarin-Rind oder auch deftige Suppen gehören zu den Spezialitäten.
www.staripodrum.info
■ Mondo, Motovun
Zauberhaft das mittelalterliche Dorf, urig die Taverne. Auf Carpaccio, Tagliatelle oder Polenta häufen sich großzügig Trüffeln. Barbacan 1, Motovun,
T + 38 552 681 791
■ Mediterraneo, Rovinj
Ein schmaler Gang in der Altstadt führt in die lauschige Terrassen-Bar direkt unten am Wasser. Sv.Križa 24,
T +38 591 532 8357 (mobil)
■ Spacio Grota, Rovinj
Gesellige Wein- und Cocktailbar direkt am Grünmarkt. Und zum Drink ein Prosciutto-Sandwich. Gradska tržnica, Rovinj,
T +38 598 85 4951 (mobil)
■ Rigo, Novigrad
Fröhliche Weinbar in einem Barockpalazzo. Ul. Velika 5,
T +38 552 758 681
Einkaufen
■ Chiavalon, Vodnjan
Spitzen-Ölmühle mit Verkostungen (Reservierung notwendig) in modernem Showroom. Top-Olivenöl: „Ex Albis“
www.chiavalon.hr
■ Natura Tartufi, Buzet
Trüffelsuche, Verkostung und ein großes Angebot an Trüffelprodukten aus hauseigener Produktion
www.naturatartufi.com
■ Albert & Nikola Benvenuti, Motovun
Mit zahlreichen Auszeichnungen für ihre Weine: Man sollte unbedingt die von der Rebsorte Teran probieren.
www.benvenutivina.com
■ Kozlovic, Buje
In einem der besten Weingüter Istriens besticht schon mal der Showroom im Design-Ambiente mit Traumblick.
www.kozlovic.hr
■ Roxanich, Kosinožici bei Nova Vas
Das berühmte Weingut ist vor allen Dingen für seine Orange-Weine bekannt, die auf der Maische in alten Holzfässern reifen.
www.roxanich.hr