Prächtige Schlösser, grüne Hügel, wilde Klippen und geruhsame Nächte im Himmelbett: Eine Rundreise durch Irland ist Abenteuer und Romantik zugleich.
Irland, das ist nicht nur das Land mit der jahrtausendealten Geschichte, sondern auch die Insel mit den Millionen Geschichten. Viele von ihnen stammen aus dem Reich der Mythen und Märchen – und sind längst Vergangenheit. Wahrhaft „sagenhaft“ ist aber auch die Gegenwart des Landes, die sich am besten in Dublin, der Stadt von Jonathan Swift, Oscar Wilde, W. B. Yeats, James Joyce, George Bernard Shaw, Samuel Beckett, Brendan Behan oder Seamus Heaney erleben lässt. Im Laufe der letzten Jahre hat sich die 600.000 Einwohner zählende Kapitale zum trendigen Städteziel gewandelt, in dem Lebendigkeit und Lebensfreude auf eine gelungene Kombination aus Tradition und Moderne treffen.
Ob Trinity College, Dublin Castle, St. Patrick’s Cathedral oder St. Stephen’s Green – alles ist fußläufig bequem zu erreichen. Dabei sollte man aber stets einen Regenschirm mitnehmen, denn das Wetter ist ganzjährig unberechenbar. Ein typisch irischer Spruch empfiehlt: „Wem das Wetter nicht zusagt, der soll einfach fünf Minuten warten“.
Foto: Photo by AirSwing Media (c)
Wohnzimmer, Marktplatz und Kneipe in einem: Dublins Pubs
Das Szeneviertel Temple Bar am River Liffey
ist zwar touristisch geprägt, genießt aber
Kultstatus. Auf keinen Fall sollte man hier
einen Besuch in einem Pub – diesem einzig
artigen Mix aus Kneipe, Wohnzimmer und
Marktplatz – versäumen. Irgendeiner ist
immer in der Nähe. Über die Stadt verteilt
sollen es mehrere tausend sein. Wenn dann
noch jemand seine Gitarre oder das Banjo
auspackt, geht die Post ab. Vielleicht nicht
immer konzertreif, aber ganz sicher immer
mitreißend und ursprünglich.
Schon James Joyce widmete sich seinerzeit
dem Thema Pub und kam in seinem
Meisterwerk „Ulysses“ zu dem Ergebnis:
„Good puzzle would be cross Dublin
without passing a pub“, was ziemlich
frei übersetzt ungefähr so viel wie
„Dublin ohne Pub ist wie Irland ohne
Schafe“ bedeutet.
Überraschend ist der Kontrast zwischen
dem Stadtzentrum und den Docklands,
dem früheren Hafenviertel, das mit neuer
Urbanität glänzt. Glasglitzernde Hoch
häuser und hypermoderne Apartment-
und Bürogebäude konkurrieren hier mit
architektonischen Highlights wie dem
Kongresscenter, der extravaganten Samuel
Beckett-Brücke in Harfen
form oder dem Bord Gáis
Energy Theatre nach einem
Entwurf von Stararchitekt
Daniel Libeskind. Tech-
Größen wie Facebook,
Google, LinkedIn oder
Airbnb haben sich hier niedergelassen. Inter
nationale Namen wie J. P. Morgan oder
PwC auf Fassaden und Leuchtreklamen verweisen auf die Sonderstellung der Insel
als Steuerparadies der EU.
Unterwegs in Irlands
„wildem Westen“
Ein Hingucker ist der Grand Canal Square,
ein von der amerikanischen Landschafts
architektin Martha Schwartz entworfener
Platz mit dreieckigen Beeten, Brunnen
und rot lackierten Pfählen, umgeben von
erstklassigen Hotels wie dem Anantara
The Marker Dublin.
Eine attraktive urbane Alternative zu
Dublin ist Cork. Irlands zweitgrößte Stadt
befindet sich im Süden des Landes, auf
einer Insel in der Mitte des Flusses Lee,
und wurde aufgrund ihres ebenso
historischen wie kosmopolitischen Flairs
gerade erst vom National-Geographic
Magazin auf die Liste der besten Städte
der Welt 2025 gesetzt.
Sehenswert ist aber auch Galway, das
junge, lebendige Studenten- und Küsten
städtchen mit seiner Strandpromenade,
der Club- und Kunstszene sowie dem
jährlichen, inzwischen weit über die
Landesgrenzen hinaus bekannten
„Galway Oyster Festival“.
Galway ist aber auch das
Tor zu Irlands wilder West
küste: Wir fahren auf engen,
kurvigen Straßen vorbei an
Wiesen und Weiden in allen
Grünschattierungen und
durch farbenfrohe Dörfer
mit üppigen Rhododendron
hecken und Hortensien
büschen. Überall sieht man Schafe – mit
Farbcode zur Wiedererkennung. Südlich
von Galway stürzen Irlands meistfoto
grafierte Klippen, die Cliffs of Moher,
200 m tief in den Atlantik, umtost von
einer rauschenden Brandung und umweht
von einem allgegenwärtigen Wind.
So romantisch es auch klingen mag, allein
ist man hier nie. Tagein, tagaus strömen
Busladungen von Selfiestick-Touristen
wie die Lemminge zur Kliff-Kante.
Der Wild Atlantic Way, die irische Alter
native zu Australiens Great Ocean Road
oder dem amerikanischen Highway No 1,
wurde 2014 offiziell als Panoramastraße ausgewiesen. Seitdem ist er ein Touristenmagnet, der Reisende aus aller Welt
begeistert. Trotzdem, hier stimmt
ausnahmsweise einmal der oft bemühte
Spruch vom Weg, der das Ziel sei. Über
2.500 km weit schlängelt sich die Straße
die Atlantikküste entlang – und kann
unterwegs hinter jeder Kurve mit einer
Wow-Aussicht aufwarten. Schutzplanken?
Gibt es nicht. Sie würden auch nur den
Panoramablick stören.
Als wir auf dem Wild Atlantic
Way unterwegs sind, bläst
der Wind plötzlich die
Wolken auseinander. Für
einen Moment glitzert der
Strand wie Sternenstaub,
und das Meer strahlt in
tiefstem Postkartenblau.
Wer noch mehr Glück hat als wir, kann
manchmal auch Delfine bei ihrem ballettreifen Auftritt beobachten, wenn sie
immer wieder synchron aus den Wellen
springen und perfekte Saltos hinlegen.
„Best of Ireland“
im Killarney Nationalpark
Dichte Wälder, wilde Wasserfälle, geheimnisvolle Seen, verschlungene Pfade – im
Killarney, Irlands ältestem Nationalpark,
kann man die Magie der grünen Insel
förmlich spüren. Bilder wie aus einem
„Best of Ireland“-Fotoband an jeder Ecke.
Gleich nebenan beginnt der berühmte
Ring of Kerry, eine weitere atemberaubende Rundstrecke, die einmal
um die Halbinsel Iveragh führt. In der
Hochsaison steht man leider auch hier
oft im Stau.
Als Alternative empfiehlt sich der Ring
of Beara auf der Nachbarhalbinsel –
genauso spektakulär, aber ohne
Bustouristen, da die Straßen für
breitere Gefährte zu schmal sind.
Auch Hollywood hat Irland und seine
magischen Landschaften längst entdeckt
und in Filmen wie „Star Wars“, „Harry
Potter“, „Braveheart“, „In einem fernen
Land“, „The Banshees of Inisherin“ oder
der Kultserie „Game of Thrones“ verewigt.
Weniger wild, dafür aber nicht weniger
filmreif wirkt die fast mediterran
anmutende Südküste: Rhododendren,
Hortensien, Farne, Zedern und sogar
Palmen prägen hier das Bild – dem
Golfstrom sei Dank.